Eine Opferunterredung über die Götter

[45] Janaka, der Videha, brachte ein Opfer mit großen Opferlöhnen dar. Tausend Rinder hielt er zurück und sprach: ›Der Beste unter euch, ihr Brahmanen, soll sie sich heimtreiben.‹

Yâjnavalkya sprach: ›Her mit ihnen!‹ Sie sprachen: ›Bist du denn, Yâjnavalkya, unter uns der größte Brahmane?‹ Er sprach: ›Verehrung dem größten Brahmanen. Ich wünsche die Rinder.‹

Sie sprachen: ›Wer von uns wird diesen fragen?‹ Da sprach[45] der kluge Shâkalya: ›Ich.‹ Den erblickte er und sprach: ›Haben dich, Shâkalya, die Brahmanen zur Feuerzange gemacht?‹

Er sprach: »Wieviel gibt es Götter, Yâjnavalkya?« ›303 und 3003.‹ »Ja«, sprach er. »Ich frage1, wieviel Götter gibt es, Yâjnavalkya?« ›Dreiunddreißig!‹ »Ja«, sprach er. »Ich frage, wieviel Götter gibt es, Yâjnavalkya?« ›Drei!‹ »Ja«, sprach er. »Ich frage, wieviel Götter gibt es, Yâjnavalkya?« ›Zwei!‹ »Ja«, sprach er. »Ich frage, wieviel Götter gibt es, Yâjnavalkya?« ›Eineinhalb!‹ »Ja«, sprach er. »Ich frage, wieviel Götter gibt es, Yâjnavalkya?« ›Einen!‹ »Ja«, sprach er. »Welches sind die 303 und 3003?«

›Soviel sind deren Kräfte. Der Götter sind drei und dreißig.‹ »Welches sind die drei und dreißig?« ›Acht Vasus, elf Rudras, zwölf Âdityas: das sind einunddreißig, Indra und Prajâpati sind die zwei- und dreiunddreißigsten.‹

›Wer sind die Vasus?‹ »Agni und die Erde, Vâyu und der Luftraum, Âditya und der Himmel, Mond und Sterne. Diese beherbergen alles. Weil sie alles beherbergen, darum heißen sie Vasus2

›Wer sind die Rudras?‹ »Die zehn Hauche im Menschen hier, die Seele (Âtman) ist der elfte. Wenn sie aus diesem sterblichen Leib ausziehen, dann lassen sie weinen. Weil sie weinen lassen, darum heißen sie Rudras3

›Wer sind die Âdityas?‹ »Die zwölf Monate des Jahres, das sind die Âdityas. Diese gehen dahin, indem sie alles an sich nehmen. Weil sie alles an sich nehmend dahingehen, darum sind sie die Âdityas.«

›Wer ist Indra, wer Prajâpati?‹ »Indra ist der Donner, Prajâpati das Opfer.« ›Wer ist der Donner?‹ »Der Blitz.« ›Wer ist das Opfer?‹ »Die Tiere.«

›Wer sind die drei Götter?‹ »Die drei Welten; in diesen sind alle diese Götter.« ›Wer sind diese beiden Götter?‹ »Speise sowohl als Atem.« ›Wer die anderthalb?‹ »Der, der hier weht.« ›Wer der eine Gott?‹ »Der Atem.«[46]

Er sprach: ›Du hast mich nach einer Gottheit gefragt, nach der man nicht fragen darf. Du wirst vor dem soundsovielten Tage sterben. Nicht werden deine Gebeine in deine Wohnung gelangen.‹ Er starb in dieser Weise. Räuber schleppten, ihn verwechselnd, seine Gebeine fort. Darum soll einer nicht durch Reden herausfordern. Und wer so weiß, steht ja am höchsten.


(XI, 6, 3, 1 ff.)

1

Ich suche durch das Wort »ich frage« die in eva liegende Verschärfung nachzuahmen. Der Text findet sich auch Brihad-Âr.-Up. III, 9.

2

Die Etymologie hier wie im folgenden ist willkürlich und wertlos.

3

Die Etymologie hier wie im folgenden ist willkürlich und wertlos.

Quelle:
Upanishaden. Altindische Weisheit aus Brâhmanas und Upanishaden. Düsseldorf/Köln 1958, S. 45-47.
Lizenz: