20. Hindernisse der Entwicklung zum Guten

[137] Wer gewandte Reden führt und nichts kann, wer kleine Schliche wählt und hartnäckig ist, der wird es schwer zu sittlicher Güte bringen.

Ein Mensch, der es liebt, die Nächte durchzutrinken, der gerne lose Lieder singt, in den Gassen sich herumtreibt und in den Dörfern sich aufhält: was soll ich von dem erwarten!

Ein Mensch, der sich beim Aus- und Eingehen nicht an die Zeit hält, der in seinen Worten keine Folge hat, der Bequemlichkeit liebt und Rücksichtslosigkeit gern hat, der, wenn man ihn bedenklich machen will, sich nicht fürchtet, wenn man ihm zuredet, nicht darauf hört: mit einem solchen ist auch die Mühe eines Heiligen vergebens.

Ein Mensch, der an die Arbeit geht ohne Sorgfalt, der einen Angehörigen verloren hat und nicht trauert, der beim Opfern nicht fromme Scheu kennt, der bei Hofe nicht ehrerbietig ist: von einem solchen will ich nichts wissen.

Wer zwischen dreißig und vierzig die schönen Künste noch nicht beherrscht, der wird sie nie beherrschen. Wer mit fünfzig noch nicht durch etwas Gutes von sich hören gemacht hat, der wird nichts von sich hören machen. Wenn einer mit siebenzig keine geistige Bedeutung hat, so mag er kleinere Fehler machen; man soll ihn in Ruhe lassen.

Wer in der Jugend sich nicht übt im Lernen, wer im Mannesalter sich nicht bespricht über den Sinn der Lehre, wer als Greis nicht andre lehrt: der mag wohl als ein Mann ohne Werk bezeichnet werden.

In der Jugend im Rufe stehen, unbrüderlich zu sein, ist eine Schande; im Mannesalter im Rufe stehen, ohne geistige Bedeutung zu sein, ist beschämend; im Alter im Rufe stehen, keine Sitte zu haben, ist eine Sünde.

Quelle:
Li Gi. Düsseldorf/Köln 1981, S. 137.
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