5. Das kosmische Werk

[162] Sie schufen die zwölf Pfeifen, um dadurch Maßstäbe für die acht Klänge zu bestimmen und ihre Höhe und Tiefe, Reinheit und Trübung. Die heißen Tonröhren12.

Die Tonröhren sind innerhalb des Gebietes des Dunklen und ordnen das Lichte. Die Himmelserscheinungen befinden sich im Gebiet des Lichten und ordnen das Dunkle. Die Tonröhren und Himmelsbilder ordnen einander gegenseitig, daß nicht ein Haarbreit fehlt13.

Die Heiligen richteten die fünf Sitten ein, um dem Volk einen sichtbaren Maßstab zu geben14.

Sie ordneten die fünf Stufen der Trauerkleidung, um zwischen näherer und entfernterer Verwandtschaft zu unterscheiden.[162]

Sie harmonisierten die Musik der fünfstufigen Tonleiter, um die Kraft des Volkes zu leiten15.

Sie ordneten die Mischungen der fünf Geschmacksarten, um die Gefühle der Menschen zu prüfen16.

Sie stellten die Plätze der fünf Farben fest17.

Sie vollendeten die Namen der fünf Getreidearten18.

Sie ordneten der fünf Opfertiere Reihenfolge und Vornehmheit19. Das Opfer der Fürsten ist der Stier und heißt Tai Lau, das Opfer des hohen Adels ist der Widder und heißt Schau Lau, das Opfer der Staatsmänner ist das Schwein und heißt Gui Schï (Suovetaurilia).

Wer kein Landgebiet als Familieneinkommen hat, opfert Hirse. Wer Hirse opfert, hat keinen Vertreter des Heimgegangenen. Wer keinen Vertreter des Heimgegangenen hat, der hat Opfertäfelchen.

Was im Ahnentempel dargebracht wird, heißt Grasfresser und Haustier20.

Was für die Berge und Flüsse geopfert wird, heißt Vollopfer.

Die fünf Opfertiere werden entweder geschlachtet oder aufgestellt oder geschwungen oder begraben21.

Das ist damit gemeint, wenn es heißt, daß die Wurzel aller Lebewesen und der Anfang von Sitte und Musik der Grund seien für die Betätigung des Guten und Bösen, der Ordnung und Verwirrung.«

12

Man unterscheidet sechs männliche und sechs weibliche Tonröhren, die abwechselnd in Quinten und Quarten nach unten und oben auseinander hervorgehen. Vgl. Kap. 3 Anm. 8.

Die acht Klänge bedeuten die Materialien, aus denen die Musikinstrumente gemacht sind: Erde, Bambus, Leder, Kalebasse, Seide, Stein, Metall und Holz. Die Oktaven oberhalb der Mittellage heißen rein, die unterhalb heißen trüb.

13

Die Tonröhren sind hohl, Symbole des Yinprinzips. Sie dienen dazu, die Monate, die Zeit zu ordnen, indem jeder Monat seine Tonart hat. Die Zeit ist Yang; sie wird auf diese Weise von dem Klang, der aus dem Gebiet des Yin hervorgeht, reguliert. Umgekehrt sind die Himmelsbilder im Gebiet des Yangprinzips. Sie dienen dazu, den Ackerbau, der dem Yinprinzip zugeordnet ist, zu regulieren. (Man vgl. hierzu die Sakraltänze mit Flöte = Yin und Phönixfeder = Yang.)

14

Die fünf Sitten sind: Festsitten, Trauersitten, Gastsitten, Heeressitten und Glückwunschsitten.

15

Der Grundton Gung bewirkt bei seinem Anhören Milde und Weitherzigkeit, der Ton Schang Geradheit und Gerechtigkeit, der Ton Güo Mitleid und Sympathie, der Ton Dschï Freude am Guten und Wohltun, der Ton Yü Ordnung und Sitte.

16

Das Saure wirkt auf die Leber, das Bittre auf das Herz, das Süße auf die Milz, das Scharfe auf die Lunge, das Salzige auf die Nieren.

17

Das Blau (Grün) steht im Osten, das Rot im Süden, das Weiß im Westen, das Schwarz im Norden, das Gelb im Zentrum.

18

Klebrige Hirse, Ährenhirse, Hanf, Weizen, Bohnen

19

Im Frühling opfert man den Widder, im Sommer den Hahn, in der Jahresmitte den Stier, im Herbst den Hund, im Winter das Schwein.

20

Die Grasfresser sind Rind und Schaf, die Haustiere Hund und Schwein.

21

Geschlachtet wird das Opfer im Ahnentempel, aufgestellt wird es beim Vegetationsopfer, geschwungen wird es im Winter und Frühling beim Reinigungsopfer, begraben wird es beim Opfer für Berge und Flüsse.

Quelle:
Li Gi. Düsseldorf/Köln 1981, S. 162-163.
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