9. Die Wichtigkeit rechtzeitiger Erziehung des Herrschers

[255] Das Schicksal der Welt hängt am Himmelssohn. Des Himmelssohnes Tüchtigkeit beruht darauf, daß er von früh an belehrt und erzogen wird und die richtige Umgebung auswählt. Wenn sein Herz noch nicht in Zweifeln ist und man belehrt und erzieht ihn zum voraus, so kommt seine Veredlung leicht zustande. Ihm die rechten Wege zu eröffnen und die Richtung von Recht und Vernunft zu weisen, das ist das Werk der Erziehung. Wenn er sich aber erst seinen Launen hingibt und seine Gewohnheiten häuft, dann ist es mit dem Einfluß der Umgebung vorbei.[255]

Die Menschen aus dem Hu-Land im Norden und dem Yüo-Land im Süden haben bei ihrer Geburt dieselben Laute und unterscheiden sich nicht in ihren Wünschen und Begierden. Wenn sie aber erwachsen sind und feste Gewohnheiten haben, so brauchen sie mehrfache Dolmetscher und können sich doch nicht zu einer gemeinsamen Handlung vereinigen. Es gibt Dinge, die man, auch wenn man deshalb sterben müßte, nicht über sich bringt: Das ist die Folge von Belehrung und Gewohnheit.

Darum heißt es: Für die rechte Wahl (eines Herrschers) kommt alles darauf an, daß er von früh auf belehrt und erzogen worden ist. Wenn die Erziehung gewirkt hat, so wird die Umgebung recht sein; ist die Umgebung recht, so wird der Himmelssohn recht. Ist der Himmelssohn recht, so kommt die Welt in Sicherheit. In den Urkunden (Schu Ging IV, 27 Lü Hing 13) heißt es: »Wenn der eine Mann im Segen steht, so hat es das ganze Volk zu genießen.« Das bezieht sich auf dieses Streben.

Quelle:
Li Gi. Düsseldorf/Köln 1981, S. 255-256.
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