§ 1. Name und Begriff der Philosophie.

  • [1] Literatur: R. HAYM, Art. Philosophie in Ersch und Grubers Encyklopädie. III. Abt. Bd. 24.
    W. WINDELBAND, Praeludien (4. Aufl. Tübingen 1911) I, 1 ff.

Unter Philosophie versteht der heutige Sprachgebrauch die wissenschaftliche Behandlung der allgemeinen Fragen von Welterkenntnis und Lebensansicht. Diese unbestimmte Gesamtvorstellung haben die einzelnen Philosophen je nach den Voraussetzungen mit denen sie in die Denkarbeit eintraten, und den Ergebnissen die sie dabei gewannen, in bestimmtere Definitionen1 zu verwandeln gesucht; diese gehen jedoch zum Teil so weit auseinander, daß sie sich nicht vereinbaren lassen und daß die Gemeinsamkeit des Begriffs zwischen ihnen verloren erscheinen kann. Aber auch jener allgemeinere Sinn ist schon eine Einschränkung und Umgestaltung der ursprünglichen Bedeutung, welche die Griechen mit dem Namen Philosophie verbanden, und diese Wandlung ist durch den ganzen Verlauf des abendländischen Geisteslebens herbeigeführt worden.

1. Während das erste literarische Auftreten2 der Wörter philosophein und philosophia noch die einfache und zugleich unbestimmte Bedeutung des »Strebens nach Weisheit« erkennen läßt, hat das Wort »Philosophie« in der auf Sokrates folgenden Literatur und insbesondere in der platonisch-aristotelischen Schule den fest ausgeprägten Sinn erhalten, wonach es genau dasselbe bezeichnet wie im Deutschen »Wissenschaft«3. Danach ist Philosophie im allgemeinen4 die methodische Arbeit des Denkens, durch welche das »Seiende« erkannt werden soll; danach sind die einzelnen »Philosophien« die besonderen Wissenschaften, in denen einzelne Gebiete des Seienden untersucht und erkannt werden5.

Mit dieser ersten, theoretischen Bedeutung des Wortes Philosophie verband sich jedoch sehr früh eine zweite. Die Entwicklung der griechischen[1] Wissenschaft fiel in die Zeit der Auflösung des ursprünglichen religiösen und sittlichen Bewußtseins und ließ nicht nur die Fragen nach der Bestimmung und den Aufgaben des Menschen mit der Zeit immer wichtiger für die wissenschaftliche Untersuchung werden, sondern auch die Belehrung für die rechte Lebensführung als einen wesentlichen Zweck, schließlich als den Hauptinhalt der Wissenschaft erscheinen. So erhielt die Philosophie in der hellenistischen Zeit die schon früher (bei den Sophisten und Sokrates) angebahnte praktische Bedeutung einer Lebenskunst auf wissenschaftlicher Grundlage6.

Infolge dieser Wandlung ging das rein theoretische Interesse auf die besonderen »Philosophien« über, die nun zum Teil die Namen ihrer besonderen, sei es historischen sei es naturwissenschaftlichen Gegenstände annahmen, während Mathematik und Medizin weiterhin die Selbständigkeit, welche sie von Anfang an der Gesamtwissenschaft gegenüber besessen hatten, um so energischer bewahrten. Der Name der Philosophie aber blieb an denjenigen wissenschaftlichen Bestrebungen haften, welche aus den allgemeinsten Ergebnissen menschlicher Erkenntnis eine das Leben bestimmende Ueberzeugung zu gewinnen hofften, und welche schließlich in dem Versuche (des Neuplatonismus) gipfelten, aus solcher Philosophie heraus eine neue Religion an Stelle der alten verloren gehenden zu erzeugen7.

An diesen Verhältnissen änderte sich zunächst wenig, als die Reste der antiken Wissenschaft in die Bildung der heutigen Völker Europas als die intellektuell bestimmenden Mächte übergingen. Inhalt und Aufgabe desjenigen was das Mittelalter Philosophie nannte, deckte sich durchaus mit dem was das spätere Altertum darunter verstanden hatte8. Jedoch erfuhr die Bedeutung der Philosophie eine wesentliche Veränderung durch den Umstand, daß sie ihre Aufgaben durch die positive Religion in gewissem Sinne bereits gelöst fand. Denn auch diese gewährte nicht nur eine sichere Ueberzeugung als Regel der persönlichen Lebensführung, sondern auch im Zusammenhange damit eine allgemeine theoretische Ansicht über das Seiende, welche um so mehr philosophischen Charakters war, als die Dogmen des Christentums ihre Formulierung durchgängig unter dem Einflusse der antiken Wissenschaft erhalten hatten. Unter diesen Umständen blieb während der ungebrochenen Herrschaft der kirchlichen Lehre für die Philosophie in der Hauptsache nur die dienende Stellung einer wissenschaftlichen Begründung, Ausbildung und Verteidigung des Dogmas übrig. Aber eben dadurch trat sie mit immer deutlicher werdendem Bewußtsein in einen methodischen Gegensatz zur Theologie, indem sie dasselbe was diese auf Grund göttlicher Offenbarung lehrte, ihrerseits aus den Mitteln menschlicher Erkenntnis gewinnen und darstellen wollte9.

Die unausbleibliche Folge dieses Verhältnisses aber war, daß die Philosophie, je freier das individuelle Denken der Kirche gegenüber wurde, um so selbständiger auch die ihr mit der Religion gemeinsame Aufgabe zu lösen begann,[2] – daß sie von der Darstellung und Verteidigung zur Kritik des Dogmas überging und schließlich ihre Lehre völlig unabhängig von den religiösen Interessen lediglich aus den Quellen herzuleiten suchte, die sie dafür in dem »natürlichen Licht« der menschlichen Vernunft und Erfahrung10 zu besitzen meinte. Der methodische Gegensatz zur Theologie wuchs auf diese Weise zu einem sachlichen aus, und die moderne Philosophie stellte sich als »Weltweisheit« dem Dogma gegenüber11. Dies Verhältnis nahm die mannigfachsten Abstufungen an, es wechselte von anschmiegender Zustimmung bis zu scharfer Bekämpfung; aber stets blieb dabei die Aufgabe der »Philosophie« diejenige, welche ihr das Altertum gegeben hatte: aus wissenschaftlicher Einsicht eine Welterkenntnis und eine Lebensansicht da zu begründen, wo die Religion dies Bedürfnis nicht mehr oder wenigstens nicht mehr allein zu erfüllen vermochte. In der Ueberzeugung, dieser Aufgabe gewachsen zu sein, sah es die Philosophie des 18. Jahrhunderts, wie einst die der Griechen, für Recht und Pflicht an, die Menschen über den Zusammenhang der Dinge aufzuklären und von dieser Einsicht aus das Leben des Individuums wie der Gesellschaft zu regeln.

In dieser selbstgewissen Stellung wurde die Philosophie durch KANT erschüttert, welcher die Unmöglichkeit einer »philosophischen« (metaphysischen) Welterkenntnis neben oder über den einzelnen Wissenschaften nachwies und dadurch Begriff und Aufgabe der Philosophie abermals einschränkte und veränderte. Denn nach diesem Verzicht engte sich das Gebiet der Philosophie als besonderer Wissenschaft auf eben jene kritische Selbstbesinnung der Vernunft ein, aus welcher KANT die entscheidende Einsicht gewonnen hatte und welche nur noch systematisch auf die übrigen Tätigkeiten neben dem Wissen ausgedehnt werden sollte. Vereinbar blieb damit das, was KANT12 den Weltbegriff der Philosophie nannte, ihr Beruf zur praktischen Lebensbestimmung.

Freilich fehlt viel, daß dieser neue und wie es scheint abschließende Begriff der Philosophie sogleich zu allgemeiner Geltung gekommen wäre; vielmehr hat die große Mannigfaltigkeit der philosophischen Bewegungen des 19. Jahrhunderts keine der früheren Formen der Philosophie unwiederholt gelassen, und eine üppige Entfaltung des »metaphysischen Bedürfnisses«13 hat sogar zeitweilig zu der Neigung zurückgeführt, alles menschliche Wissen in die Philosophie zurückzuschlingen und diese wieder als Gesamtwissenschaft auszubilden.

2. Angesichts dieses Wechsels, welchen die Bedeutung des Wortes Philosophie im Laufe der Zeiten durchgemacht hat, erscheint es untunlich, aus historischer Vergleichung einen allgemeinen Begriff der Philosophie gewinnen zu wollen: keiner von denen, die man zu diesem Zwecke aufgestellt hat14, trifft auf alle diejenigen Gebilde der Geistestätigkeit zu, welche[3] auf den Namen Anspruch erheben. Schon die Unterordnung der Philosophie unter den allgemeinen Begriff der Wissenschaft wird bei solchen Lehren, welche einseitig die praktische Bedeutung im Auge haben, bedenklich15: noch weniger aber läßt sich allgemeingültig bestimmen, was Gegenstand und Form der Philosophie als besonderer Wissenschaft heißen soll. Denn selbst wenn man den Standpunkt nicht in Rechnung ziehen wollte, für welchen die Philosophie noch oder wieder die Gesamtwissenschaft ist16, so sieht man sich einer Menge von verschiedenen Versuchen zur Abgrenzung des Forschungsgebietes der Philosophie gegenüber. Die Aufgaben der Naturforschung füllen anfangs das Interesse der Philosophie fast allein aus, bleiben dann lange Zeit in ihrem Umfang und scheiden erst in neuerer Zeit aus. Die Geschichte umgekehrt ist dem größten Teile der philosophischen Systeme gleichgültig geblieben, um erst verhältnismäßig spät und vereinzelt als Objekt philosophischer Untersuchung aufzutreten. Die metaphysischen Lehren wiederum, in denen meist der Schwerpunkt der Philosophie gesucht wird, sehen wir gerade an ihren bedeutsamen Wendepunkten entweder beiseite geschoben oder gar für unmöglich erklärt17; und wenn zeitweilig die praktische Bedeutung der Philosophie für Individuum und Gesellschaft als ihr wahres Wesen betont wird, so verzichtet anderseits ein stolzer Standpunkt der reinen Theorie auf solche gemeinnützige Geschäftigkeit18.

Anderseits ist behauptet worden, die Philosophie behandle zwar dieselben Gegenstände wie die übrigen Wissenschaften, aber in anderem Sinne und nach anderer Methode: allein auch dies spezifische Merkmal der Form hat keine historische Allgemeingültigkeit. Daß es eine solche anerkannte philosophische Methode nicht gibt, würde freilich kein Einwurf sein, wenn nur das Streben nach einer solchen ein konstantes Merkmal aller Philosophien wäre. Dies ist Jedoch so wenig der Fall, daß manche Philosophen ihrer Wissenschaft den methodischen Charakter anderer Disziplinen, z. B. der Mathematik oder der Naturforschung19, aufdrücken, andere aber von methodischer Behandlung ihrer Probleme überhaupt nichts wissen wollen und die Tätigkeit der Philosophie in Analogie zu den genialen Konzeptionen der Kunst setzen20.

3. Aus diesen Umständen erklärt es sich auch, daß es kein festes, allgemein historisch bestimmbares Verhältnis der Philosophie zu den übrigen Wissenschaften gibt. Wo die Philosophie als Gesamtwissenschaft auftritt, da erscheinen die letzteren nur als ihre mehr oder minder deutlich gesonderten Teile21: wo dagegen der Philosophie die Aufgabe zugewiesen wird, die Ergebnisse der besonderen Wissenschaften in ihrer allgemeinen Bedeutung zusammenzufassen und zu einer abschließenden Welterkenntnis zu harmonisieren,[4] da ergeben sich eigentümlich zusammengesetzte und verschränkte Verhältnisse. Zunächst zeigt sich eine Abhängigkeit der Philosophie von dem jeweiligen Stande der Einsicht, die in den besonderen Disziplinen erreicht ist: wesentliche Förderungen der Philosophie erwachsen aus den entscheidenden Fortschritten der Einzelwissenschaften22, und zugleich ist dadurch die Richtung und die Grenze bestimmt, worin die allgemeine Wissenschaft jeweilig ihre Aufgabe zu lösen vermag. Umgekehrt aber erklärt sich daraus der Eingriff der Philosophie in die Arbeit der besonderen Wissenschaften, der von diesen bald als Befruchtung, bald als Hemmung empfunden wird: denn die philosophische Behandlung der speziellen Fragen bringt zwar häufig vermöge des weiteren Gesichtspunktes und der kombinativen Richtung wertvolle Momente zur Lösung der Probleme bei23, in andern Fällen jedoch stellt sie sich nur als eine Verdopplung dar, welche, wenn sie zu gleichen Resultaten führt, unnütz, wenn sie aber andere Ergebnisse gewähren will, gefährlich erscheint24.

Aus dem Gesagten erklärt sich ferner, daß die Beziehungen der Philosophie zu den sonstigen Kulturtätigkeiten nicht minder nahe sind als zu den Einzelwissenschaften. Denn in das Weltbild, auf dessen Entwurf die metaphysisch gerichtete Philosophie hinzielt, drängen sich neben den Errungenschaften wissenschaftlicher Untersuchung überall auch die Auffassungen hinein, welche dem religiösen und sittlichen, dem staatlichen und gesellschaftlichen, dem künstlerischen Leben entstammen; und gerade die Wertbestimmungen und Urteilsnormen der Vernunft verlangen in jenem Weltbilde ihren Platz um so lebhafter, je mehr dies die Grundlage für die praktische Bedeutung der Philosophie werden soll. Auf solche Weise finden in der Philosophie neben den Einsichten auch die Ueberzeugungen und die Ideale der Menschheit ihren Ausdruck: und wenn die letzteren dabei, ob auch oft irrigerweise, die Form wissenschaftlicher Einsichten gewinnen sollen, so kann ihnen daraus unter Umständen wertvolle Klärung und Umgestaltung erwachsen. So ist auch dies Verhältnis der Philosophie zur allgemeinen Kultur nicht nur dasjenige des Empfangens, sondern auch das des Gebens.

Es ist nicht ohne Interesse, auch den Wechsel der äußeren Stellung und der sozialen Verhältnisse zu betrachten, den die Philosophie erlebt hat. Man darf annehmen, daß der Betrieb der Wissenschaft in Griechenland sich mit vielleicht wenigen Ausnahmen (Sokrates) schon von Anfang an in geschlossenen Schulen gestaltet hat25. Daß diese auch in der späteren Zeit die Form sakralrechtlicher Genossenschaften hatten26, würde an sich allein bei dem religiösen Charakter aller griechischen Rechtsinstitute, noch nicht einen religiösen Ursprung dieser Schulen beweisen; aber der Umstand, daß die griechische Wissenschaft sich inhaltlich direkt aus religiösen Vorstellungskreisen herausgearbeitet hat und daß in einer Anzahl ihrer Richtungen gewisse Beziehungen zu religiösen Kulten unverkennbar hervortreten27, macht es nicht unwahrscheinlich, daß die wissenschaftlichen Genossenschaften ursprünglich aus religiösen Verbänden[5] (Mysterien) hervorgegangen und mit ihnen im Zusammenhange geblieben sind. Aber als sodann das wissenschaftliche Leben sich zu voller Selbständigkeit entwickelt hatte, fielen einerseits diese Beziehungen ab und vollzog sich anderseits die Gründung rein wissenschaftlicher Schulen: es waren freie Vereinigungen von Männern, die unter Leitung, bedeutender Persönlichkeiten die Arbeit der Forschung, Darstellung, Verteidigung und Polemik unter sich teilten28 und zugleich in einem gemeinsamen Ideal der Lebensführung einen sittlichen Verband untereinander besaßen.

Mit den größeren Verhältnissen des Lebens in der hellenistischen und römischen Zeit lockerten sich naturgemäß diese Verbände, und wir begegnen, namentlich unter den Römern, häufiger Schriftstellern, welche ohne jeden Schulzusammenhang oder Lehrberuf in rein individueller Weise auf dem Gebiete der Philosophie tätig sind (Cicero, Seneca, Marc Aurel und besonders die Mehrzahl der sog. Skeptiker). Erst die späteste Zeit des Altertums zeigt unter dem Einflusse religiöser Interessen weder eine straffere Verknüpfung genossenschaftlicher Schulverbände, wie im Neupythagoreismus und Neuplatonismus.

Bei den romanischen und germanischen Völkern ist der Verlauf der Sache nicht so unähnlich gewesen. Im Gefolge der kirchlichen Zivilisation erscheint auch die Wissenschaft des Mittelalters: sie hat ihre Stätten in den Klosterschulen und empfängt ihre Anregungen zu selbständiger Gestaltung zunächst aus Fragen des religiösen Interesses. Auch in ihr machen sich Gegensätze verschiedener religiöser Genossenschaften (Dominikaner und Franziskaner) zeitweilig geltend, und selbst die freieren wissenschaftlichen Vereinigungen, aus welchen sich allmählich die Universitäten entwickelten, hatten ursprünglich religiösen Hintergrund und kirchliches Gepräge29. Deshalb blieb auch in dieser zünftigen Philosophie der Universitäten der Grad der Selbständigkeit gegenüber der Kirchenlehre immer gering, und es gilt dies bis in das 18. Jahrhundert hinein auch für die protestantischen Universitäten, bei deren Errichtung und Ausbildung ebenfalls kirchliche und religiöse Interessen im Vordergrunde standen.

Dagegen ist es für die mit dem Beginn der neueren Zeit sich verselbständigende »Weltweisheit« charakteristisch, daß ihre Träger durchweg nicht Männer der Schule, sondern Männer der Welt und des Lebens sind. Ein entlaufener Mönch, ein Staatskanzler, ein Schuster, ein Edelmann, ein gebannter Jude, ein gelehrter Diplomat, unabhängige Literaten und Journalisten – das sind die Begründer und Vertreter der modernen Philosophie, und dementsprechend ist deren äußere Gestalt nicht das Lehrbuch oder der Niederschlag akademischer Disputationen, sondern die freie schriftstellerische Tat, der Essay.

Erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ist die Philosophie wieder zünftig und an den Universitäten heimisch geworden. Es geschah dies zuerst in Deutschland, wo mit der steigenden Selbständigkeit der Universitäten die Bedingungen dafür in glücklichster Weise gegeben waren und wo ein fruchtbares Wechselverhältnis zwischen Lehrern und Schülern der Universität auch der Philosophie zugute kam30. Aus Deutschland hat sich dies nach Schottland, England, Frankreich und Italien übertragen, und im allgemeinen darf man sagen, daß im 19. Jahrhundert der Sitz der Philosophie wesentlich auf den Universitäten zu suchen war31. Dagegen ist dies Verhältnis gegenwärtig wieder angesichts unserer geistigen Gesamtlage in einer Veränderung begriffen so daß die Vertretung der Philosophie an den Universitäten, namentlich in Deutschland. z.T. den Eindruck der Rückständigkeit zu machen anfangt.

Eine kurze Erwähnung verdient endlich noch die Beteiligung der verschiedenen Völker an der Ausbildung der Philosophie. Wie alle Entfaltungen der europäischen Kultur, so haben auch die Wissenschaft die Griechen geschaffen, und ihre schöpferische Erstgestaltung der Philosophie ist noch heute deren wesentliche Grundlage. Was im Altertum von den hellonistischen Mischvölkern und von den Römern hinzugefügt worden ist, erhebt sich im allgemeinen nicht über eine Sondergestaltung und praktische Anpassung der griechischen Philosophie: nur in der religiösen Wendung, welche diese Ausführung genommen hat, ist ein wesentlich Neues zu sehen, was der Ausgleichung der nationalen Unterschiede im römischen Weltreich entsprungen ist. International[6] ist, wie sich schon in der durchgängigen Anwendung der lateinischen Sprachform bekundet, auch die wissenschaftliche Bildung des Mittelalters. Erst mit der neueren Philosophie treten die besonderen Charaktere der einzelnen Nationen maßgebend hervor während sich die Traditionen der mittelalterlichen Scholastik am kräftigsten und selbständigsten in Spanien und Portugal erhalten, liefern Italiener, Deutsche, Engländer und Franzosen die Anfangsbewegungen der neueren Wissenschaft, welche ihren Höhepunkt in der klassischen Periode der deutschen Philosophie gefunden hat. Diesen vier Nationen gegenüber verhalten sich die übrigen in der Hauptsache nur empfangend.

Quelle:
Wilhelm Windelband: Lehrbuch der Geschichte der Philosophie. Tübingen 61912, S. 1-7.
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