5. Imperative

[184] Der Flußgott sprach: »Ja, aber was soll ich dann tun und was nicht tun? Wonach soll ich mich richten beim Ablehnen und Annehmen, beim Ergreifen und Fahrenlassen?«

Jo vom Nordmeer sprach: »Vom SINNE aus betrachtet: was ist da wertvoll und was wertlos? Das sind nur überflüssige Gegensätze. Laß dadurch nicht dein Herz gefangennehmen, daß du nicht im SINN erlahmest! Was ist wenig, was ist viel? Das sind nur Worte beim Danken und Spenden. Mach nicht einseitig deinen Wandel, damit du nicht abweichst vom SINN! Sei strenge wie der Fürst eines Staates, der kein Ansehen der Person kennt; sei überlegt wie der Erdgeist beim Opfer, der nicht parteiisch Glück verleiht; sei unendlich wie die Grenzenlosigkeit der Himmelsrichtungen, die keine bestimmten Gebiete umfassen! Alle Dinge gleichmäßig umfangen, ohne Vorliebe, ohne Gunst, das ist Unumschränktheit. Alle Dinge gleich betrachten: was ist dann kurz, was ist dann lang? Der SINN kennt nicht Ende noch Anfang, nur für die Einzelwesen gibt's Geburt und Tod. Sie können nicht verharren auf der Höhe ihrer Vollendung. Einmal leer, einmal voll, vermögen sie nicht festzuhalten ihre Form. Die Jahre lassen sich nicht zurück holen, die Zeit läßt sich nicht aufhalten. Verfall und Ruhe, Fülle und Leere machen einen ewigen Kreislauf durch. Damit ist die Richtung, die allem Sein Bedeutung gibt, ausgesprochen und ist die Ordnung aller Einzelwesen genannt. Das Dasein aller Dinge eilt dahin wie ein rennendes Pferd. Keine Bewegung, ohne daß sich etwas wandelte; keine Zeit, ohne daß sich etwas änderte. Was du da tun sollst, was nicht tun? Einfach der Wandlung ihren Lauf lassen!«

Quelle:
Dschuang Dsï: Das wahre Buch vom südlichen Blütenland. Düsseldorf/Köln 1972, S. 184-185.
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