Hülfsmittel zur Zufriedenheit mit Gott.

[36] Daß du immer mit Gott zufrieden seist, wollte ich dir wohl rathen, dich im Glauben an Gottes Regierung, die ein recht gut und schön Regiment ist, recht zu stärken. Siehest du nur Gott für einen gute Regierer der Welt und der Menschen an, so wird dir es nicht einfallen wider ihn zu murren. Er macht ja alles weise und gut, wenn du gleich nicht Augen hast, das überall zu sehen. Will doch der Geselle, immer den Meister tadeln, und dies und jenes besser wissen. Aber am Ende findet es sich doch, daß der Meister klüger und feiner dachte, denn der, der ihn tadeln und höhnen wollte. Ist nun aber Gott nicht der beste Meister. Hast du nicht schon von ihm erfahren, daß er weise und gut ist. – Es gehe nun immer so ungleich in der Welt zu, als es wolle, so tröste dich doch nur damit, daß die wahren Güter des Lebens alle gleich ausgetheilt sind, daß wir doch alle einen Gott, einen Glauben, einen Christum, eine Hofnung haben, und daß niemand besser[37] in Absicht auf seine Seligkeit daran ist, denn der geringste Knecht und die geringste Magd. Denn obschon ein anderer mehr Geld, Gut und anderes mehr hat, so hat er doch darum nicht einen andern oder bessern Gott. Das mußt du lernen, daß du in deinem Stande Gott mit Herzen und Lust dienest und sprichst: ich bin kein Kaiser, habe nicht Städte und Schlößer, aber ich habe dennoch eben den Verstand, eben die Seele, eben den Leib, eben den Christum, der für mich gestorben ist, und mich glückseelig machen will, den die Größten und Reichsten haben. Wer nun solches hat und weiß, daß wir in diesen Gütern alle gleich sind, der gehet hin an seine Arbeit mit Freuden, und läßt sich nicht kümmern, ob er gleich hier auf Erden diese kurze Zeit in einem nicht so schönen Stande ist, denn ein anderer. Denn da soll eine Ungleichheit sein, daß einer mehr Geld, Ehre, Gewalt, Essen und Trinken hat. Aber das läßt ein Christ sich nicht anfechten, sondern denket, daß er eines neuen Himmels und einer neuen Erde wartet. Diese Hofnung macht, daß alles mit Freuden abgehet, und mit Frohlocken[38] vollbracht wird. – Darum mußt du deine Gaben, und dein gutes, das du hast, recht erkennen und rühmen, Gott dafür danken und sagen: man sehe mich an und achte mich für gering man wolle, so kann ich doch ein eben so christliches Leben führen, eben so viel gutes thun, eben so viel von Gott hoffen. Darum will ich hingehen, ein Hausvater, Hausmutter, Knecht oder Magd sein und mit Freude, Lust, Muth und Liebe, alles thun, was mein Stand erfordert, und solchen Trost in allerlei Gefahr, Mühe und Arbeit, die wir in der äusserlichen Ungleichheit tragen, hervorziehen, so wird mir alles sanft und leicht werden. – Setze daher deine Hofnung niemals auf etwas gewisses in der Welt, denke nicht: so und so muß es kommen, so und so viel muß ich erhalten. Denn wenn es nicht also geschieht, so wirst du verdrießlich und unzufrieden. Stelle dir vielmehr alles kleiner und geringer vor. Kömmt es so, so ärgert es dich nicht, kömmt es besser, wohl besser für dich. So wie ein Kind, wenn man ihm viel vorredet von dem, was es erhalten soll, nimmermehr die rechte[39] Freude hat, als wenn es nichts weiß. – Aber du sprichst wohl, du verdientest mehr als dein Nachbar, du seist geschickter, fleißiger, habest mehr Verstand und Tugend. Aber siehe, du wirst denen im Evangelio gleich, die auch meineten, sie würden mehr empfangen, weil sie des Tages Last und Hitze getragen hatten. Aber, guter Mann, greife in deinen Busen und besiehe dich, ob du dir nicht zuviel einbildest, und hoffärtig von dir selbst denkst. Kannst du des andern Verdienst und Würdigkeit schätzen, und willst dich alleine ihm vorziehen? Darum ist es ein vermessener Uebermuth, wenn du denkst, von deinem Herre Gott mehr verdient zu haben, der doch geben kann, wie viel er will, und da du doch nicht allemal eines Bissen Brods werth bist. – Wenn du unzufrieden bist, so siehe nur zu, ob es nicht Fleisches Lust und dein böses Herz ist, das dich dazu zwingt. Böse Lüste und Begierden verleiten zu vielen Bösen, so auch zur Ungeduld. Du willst dich an andern rächen, an Hoffarth es ihnen zuvorthun, recht hübsch unkeusch und üppig leben, und hast doch die Mittel nicht dazu in Händen, wirst darüber[40] ungeduldig und unzufrieden mit Gott. Aber soll er dir geben um des Fleisches Lust zu büßen? Rotte erst diese in dir aus, und du wirst immer genug haben.

Quelle:
[Verfasser von Luthers Leben]: D. Martin Luthers Sittenbuch. Leipzig 1794, S. 36-41.
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