Pflichten der Dienstboten gegen die Herrschaften.

[299] Das Gesinde muß seinen Herrn und Frau wie Vater und Mutter betrachten, damit ich alles gesagt habe, was es zu thun habe. Also[299] sind sie schuldig, ihre Herrn zu ehren und ihnen gehorsam zu sein in allen Dingen, die nicht wider Gottes Gebote sind. Wie es auch 1 Petr. 2, 18. heißt: »Ihr Knechte, seid unterthan in aller Furcht denen Herren, nicht allein den guten und gelinden, sondern auch den wunderlichen«, das ist, den harten, groben, schlimmen und verkehrten. Desgleichen auch Collos. 3, 22–24. »Ihr Knechte sollet in allen Dingen gehorsam sein, nicht mit Dienst vor Augen, als Menschen zu gefallen, sondern in Einfältigkeit des Herzens und Gottesfurcht. Alles was ihr thut, das thut von Herzen, als dem Herrn und nicht den Menschen. Und wisset, daß ihr von dem Herrn empfahen werdet die Vergeltung, denn ihr dienet dem Herrn Christo«. Siehe, so soll man die Herrn von Herzen ehren, und so man das thut, so dienet man nicht ihnen, sondern Christo! – Es soll euch nicht bekümmern, daß sie Herrn sind und ihr Knechte, denn es gilt Gott gleich, es sei Herr oder Knecht, der da gutes oder böses thut, den wird er strafen oder belohnen. Darum sollen sie das ihre nicht aus Zwang und Widerwillen[300] thun, sondern mit Lust und Freuden, eben weil auch der niedrigste Dienst, den sie ihren Herrschaften thun, ein gutes Werk ist und Gott wohl gefällt. Da hast du alles Gut, Schutz und Schirm unter dem Herrn, ein fröhlich Gewissen und gnädigen Gott dazu, der dir es hundertfältig vergelten will, und bist so gut und groß, als der größte Junker, wenn du nur fromm und gehorsam bist. Nun ist aber die größte Klage in der Welt über das Gesinde und Arbeitsleute, wie sie ungehorsam, untreu, ungezogen, vortheilisch sind, welches eine rechte Plage ist. Da veruntreuen sie des Herrn Gue wissentlich, verabsäumen es, arbeiten lüderlich, und sehen nicht auf ihrer Herrn Vortheil; denken vielmehr: was gehet es mich an, habe ich doch keinen Schaden davon, arbeiten auch nicht fleißig, denken nur auf ihren Lohn, aber nicht, wie sie den Lohn ehrlich verdienen wollen; welches alles rechte Gottlosigkeit ist. Auch reden sie wohl von ihren Herrschaften übel gegen jederman, klatschen aus dem Hause, und können nicht genug Essen, Trinken, Lohn kriegen,[301] und, wo sie nicht recht genährt und gefüllt werden, da wehe der armen Herrschaft, die wird angeschrieen und beschimpft überall. Da zanket sich das Gesinde wohl auch unter einander, und suchet eines das andere zu verkleinern und anzuschwärzen bei der Herrschaft, damit es vor den andern gewinne und heraus gestrichen werde, stiftet auch wohl Unheil unter den Herrschaften selbst, und horcht hier und dort, und trägt das gehörte wieder weiter, woraus denn nichts als Zank wird. Aber solche sollen ihren Lohn schon bekommen. Und trift sie der Lohn auch wohl schon in der Welt, daß sie nicht mehr unterzukommen wissen und auch wohl im Alter darben und betteln müssen, da sie als Knechte und Mägde trotzig, keck und übermüthig waren. Und was ich von Knechten und Mägden gesagt habe, das sage ich auch von Gesellen, Tagelöhnern und Arbeitsleuten, die in anderer Brode stehen, über welcher Betrug, Faulheit und Trägheit allenthalben viel Klage ist, daß sie großen Lohn nehmen, faul arbeiten, und die Herren betrügen, bei welchen sie arbeiten,[302] und dennoch leider! sich kein Gewissen daraus machen, gleich, als wären sie nicht offenbare Räuber und Diebe fremder Güter, die sie mit Unrecht an sich ziehen und nicht genugsame Arbeit dafür thun.

Quelle:
[Verfasser von Luthers Leben]: D. Martin Luthers Sittenbuch. Leipzig 1794, S. 299-303.
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