Pflichten bei dem Reichthume.

[304] Reichthum ist eine Gabe und Geschenk Gottes, und ist deswegen niemand zu verdammen, weil er reich ist. Und ist der Reichthum auch deswegen nicht wegzuwerfen, weil er gemeiniglich die Leute ärger macht. Es ist Unwissenheit, daß man die Laster, die im Menschen sind, vom Menschen auf die Creatur legt, die doch an sich selbst gut und Gottes Gabe ist. Das Gut, das da besessen wird, ist gut der Mensch aber, der es besitzet, ist nicht gut, darum ist der Mangel nicht an dem Gute, sondern an dem, der es besitzet. Aber du Reicher, merke[304] dir nur zwei Stücke: erstlich daß du das Herz nicht daran hängest, und darüber Gott vergessest, und auf deinen Reichthum trotzest und pochest, auch wohl die ärmern verachtest, und dich deswegen höher dünkest, wie Ps. 62, 11. saget: Fällt euch Reichthum zu, so u.s.w. Und zweitens: daß du den Reichthum wohl gebrauchest. Siehe so kannst du bei dem Reichthume ein recht guter Christ sein. Reichthum ist ein vergängliches, ungewisses Ding, das dir bald kann genommen werden, und dir auch in Nöthen nicht helfen kann. Wo du dich nun auf deinen Reichthum verlassen wolltest, so wärest du ja ein rechter Thor. Denn beides ist hier, du kannst ihn verlieren, und er kann auch dir nicht immer helfen. Du wärest also wohl so ein Narr, als der, welcher sich auf einen schwachen Stock stemmen und lehnen wollte, der zerbricht, und der Mann liegt im Kothe. Auch wärst du ein Narr, wo du dich über andere erheben wolltest. Denn siehe, lachtest du nicht den aus, der sich heute ein schönes Kleid borgte, es anzöge und damit stolz und hochmüthig thäte, aber morgen müßte er es[305] wieder hergeben und in seinen Bettelrock kriechen? Er wäre auch des Auslachens werth. Aber siehe, so hat dir Gott den Reichthum geborgt, den du mußt wieder hergeben, wenn es ihm gefällt, und du dann mit Schanden bestehen müßtest, wo du dich des geborgten gebrüstet hättest. Oder meinest du, daß der Herr nicht den Bettler vor deiner Thüre zum reichen Manne hätte machen mögen, so er gewollt hätte. Darum, du Reicher, laß deine Hoffarth fahren; denn es ist lauter Wind, worauf du trotzest. – Es ist wohl wahr und gefährlich groß Gut zu haben, darum spricht der Herr Matth. 19, 24. Es ist leichter, daß ein Kameel durch ein Radelöhr u.s.w. womit er die Schwierigkeit anzeigen will und die Hindernisse, die den Reichen reizen zum Bösen, als da ist: Geiz, Wollust, Ueppigkeit, Hoffarth, Stolz und mehr Sünden. – Nun fragt du aber: wie soll ich den Reichthum gebrauchen? Das saget Paulus I Tim. 6, 17. »Den Reichen dieser Welt gebeut, daß sie nicht stolz sein, auch nicht hoffen auf den ungewissen Reichthum, sondern auf den lebendigen Gott, der uns dargiebt[306] reichlich allerlei zu genießen; daß sie gutes thun, reich werden an guten Werken, gerne geben, behülflich sein. Du mußt also nicht stolz sein, als ob du den Reichthum von dir hättest, sondern Gott dafür danken und ihn als Geschenk von ihm ansehen, und desto mehr hoffen auf ihn, und ihm vertrauen. Weiter sollst du mit deinen Gütern gutes thun, dem armen geben, und gute Dinge stiften, die du kannst, weil du reich bist. Denn es heißt: Gebet, so wird euch gegeben. Daher auch das Sprüchwort sagt: Kirchengehen säumet nicht, Almosengeben armet nicht. Aber das wollen die reichen Mammons nicht glauben, und fahren immer fort mit Geizen und Scharren, und wollen immer mehr haben, als die andern, auch immer auf ihren Kasten sehen, ob es darin recht klimpere und voll sei, und zuletzt doch nicht mehr davon bringen, als der ärmste Bettler, den sie hätten kleiden und unterbringen sollen. Denn da denken die Reichen, wenn sie einem Armen einen Bissen Brods geben, so sei es schon genug, und bekümmern sich nicht weiter um ihn, borgen und leihen ihm nicht, daß er[307] seine Nahrung wieder anfangen und fördern könne. Sie sind aber rechte Gefangene, so da ihr eigen Gut nicht dürfen angreifen und andere auch nicht brauchen lassen, daß sie des Bissens, so sie essen, nicht froh werden vor lauter Geiz und Sorgen. Sie erleben aber oft an ihrem großen Gute, und selbst an ihren eigenen Kindern, denen sie es wollen lassen, nichts als was ihr Herz kränket. – Wiederum gebrauchet man auch den Reichthum sündlich, so man ihn in seinen Bauch stecket, so daß mancher wohl seinen Reichthum dem Magen zu verschlingen gegeben hat. Denn es ist ein schändliches Laster der Reichen, daß sie alles überschwemmen mit Pracht, und Geldverschütten in allerlei Sachen, das sie fürwahr besser anwenden könnten. Denn es heißt: Gott giebt uns allerlei zu geniessen, aber nicht zum Verschwelgen und Umbringen. Aber da ist auch manchem Reichen sein Reichthum nicht genug, den unersättlich Rachen zu erfüllen.

Quelle:
[Verfasser von Luthers Leben]: D. Martin Luthers Sittenbuch. Leipzig 1794, S. 304-308.
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