17. Das Pfingstfest.

[117] Das deutsche Wort Pfingsten kommt her von dem griechischen Worte Pentecoste, 50, weil [117] dies Fest von Ostern an gerechnet den 50sten Tag gefeiert wurde. Die Christen haben dieses Fest aus dem Judenthume mit herüber ins Christenthum gebracht; und haben allmählig dem Feste eine andre Absicht untergeschoben. Das Pfingstfest der Juden war das Erndtefest, welches nach Endigung der Erndte, welche gewöhnlich den zweiten Tag des Passafestes anging, und den 50sten Tag nach dem Passafeste geendigt war, gefeiert wurde, und 7 Tage nacheinander dauerte. Man dankte Gott an diesen Tagen für die Wohlthaten der Erndte und brachte ihm die Erstlinge der vom neuen Korne gebackenen Brodte zum Opfer dar. Deswegen wird dieses Fest auch der Tag der Erstlinge genannt. (Dies primitivorum.) Die Rabbinen und die mehrsten Kirchenväter nennen dieses Fest den Tag der Gesetzgebung, weil sie nach einer vorgegebenen Tradition behaupten, es sey an diesem Tage das Gesetz auf dem Berge Sinai gegeben worden. Die Christen feierten anfänglich alle Feste der Juden, so auch dieses, und nur in der Folge der Zeit gaben sie ihm eine andre Bestimmung, und erinnerten sich an[118] demselben der großen Begebenheit der Ausgiessung des heiligen Geistes, die sich zu den Zeiten der Apostel in diesen Tagen zugetragen hatte.

Quelle:
[Anonym]: Sitten, Gebräuche und Narrheiten alter und neuer Zeit. Berlin 1806, S. 117-119.
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