Anno 1731
§ 150

[369] Ich hatte in meinem Predigt-Amt siebenmal die Evangelia nach gewissen Jahr-Gängen und Lehr-Arten erkläret, welche mit gar guter Approbation von meinen Zuhörern waren aufgenommen worden. Ich ward also schlüssig, von jedem Jahr-Gange etliche Predigten auszulesen, und eine vollständige Postille von allerhand Predigten zu machen, die aus siebenerlei Jahr-Gängen genommen, und gab solche unter dem Titul: Nützlicher Gebrauch der Christlichen Moral, der Philosophie, und der Jahr-Gänge beim Predigen, heraus, um dem äußerlichen Menschen[369] etwas zu Hause zu tun zu geben, und denselben nicht müßig zu lassen. Da ich An. 1731 im Frühjahr damit fertig war, schien es, als wenn gegen Ostern meine alte Plage, so um diese Zeit gewöhnlich, sich wieder melden wollte. Ich bekam im Martio starken Schwindel, als ich kaum jemals gehabt; und da ich darwider Arznei brauchte, so hatte ich ein ander Übel, nämlich die Spasmos, wiederum erreget, so daß mir die Daumen in Händen, und die großen Zehen in Füßen höchst müde, und ich darüber in ziemliche Furcht gesetzt wurde. Nach Judica [5. Fastensonntag] fanden sich einige schlaflose Nächte, und die alten Zufälle [Zustände], so mit einem schwachen Haupte bei manchem Menschen verknüpft sind. Doch ein inbrünstig Gebet, und Demütigung vor Gott, und unverzüglicher Gebrauch des heiligen Abendmahls, brachte mir sowohl wiederum geruhige Nächte, als auch eine geruhige Seele, unter vielem Trost, und geistlicher Freude, die Gott würkte, gar bald zuwege. Von An. 1732 bis 1733 machte ich mich über die Einleitung in die Christliche Sitten-Lehre, oder über die Prolegomena, die ich sonst im Collegio der Disciplin selbst zu præmittiren [voranzuschicken] gewohnt gewesen war, und gemeiniglich 18 bis 20 Lectiones ausmachten. Damit der Tractat nicht zu klein würde, so nahm ich die Lehre von der Gottseligkeit überhaupt dazu, welches sonst das letzte Stück meines Collegii war. Wie ich anderswo schon gemeldet, so haben die Journalisten [Rezensenten] aus Unachtsamkeit und Übereilung diese Einleitung vor die ganze Disciplin, und vor die Sitten-Lehre selbst angesehen, und mich der Kürze und Unvollkommenheit beschuldiget, da doch das meiste nur eine Introduction und Einleitung zu derselben war.

Quelle:
Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. München 1973, S. 369-370.
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