[39] Das Heim ist also gefunden und mit möglichstem Geschmack und Komfort ausgestattet; aber nicht von seiner Größe noch von seiner Eleganz hängt es ab, ob das Glück darin wohne. Dieses erblüht nur im Schoße der Familie, die ihr Nest darin gegründet; und dies Glück wiederum beruht auf der Sitte, die in der Familie herrscht.

Die Sitte, d.h. nicht, wie wir das Wort definiert haben, die durch die Zeit geheiligte Gewohnheit, sondern die Sittlichkeit ist unzertrennlich mit der Familie verbunden. Die Familie ist das Produkt der Sitte, sie steht und fällt mit ihr. Sittenlosigkeit löst die Familie auf, und die Auflösung der Familie hat unwiderruflich Sittenlosigkeit im Gefolge.


»Freiheit liebt das Tier der Wüste,

Frei im Aether herrscht der Gott.

– – – – – – – – – – – – – – –

Doch der Mensch in ihrer Mitte

Soll sich an den Menschen reihn,

Und allein durch seine Sitte

Kann er frei und mächtig sein!«


Mit diesen Worten gründete die Urmutter Erde – oder Ceres – einst die Familie, und dies Wort bewährt[39] sich in allen Ländern und durch alle Zeiten. Stets und überall ist die Familie die Hüterin der Sitte, und jedes ihrer Glieder hat die Pflicht und sollte sich verpflichtet fühlen, diese Hut auszuüben.


Quelle:
Calm, Marie: Die Sitten der guten Gesellschaft. Stuttgart 1886, S. 39-40.
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