Von der Trauer.

[212] Es ist der Gebrauch, zum Andenken an die Verstorbenen Trauer anzulegen, und wenn die Vorschriften darüber auch nicht durch die Gesetze bestimmt und geregelt sind, so hat doch der Gebrauch darüber gewisse Gesetze aufgestellt, die ziemlich allgemeine Beachtung finden, obgleich es dem Gefühle jedes Einzelnen überlassen bleiben muß, ob und in welcher Ausdehnung er sich diesen Gebrauchsgesetzen fügen will.

Wirkliche Trauer-Vorschriften bestehen nur für die sogenannte Hoftrauer, d.h. für die Trauer, welche sämmtliche Höfe für irgend ein verstorbenes Mitglied einer regierenden Fürstenfamilie anlegt. Die Dauer richtet sich hier nach dem Grade der Verwandtschaft und wird ebenso wie die Abstufung der Trauer (welche aus drei Graden besteht) durch eine Bekanntmachung des Hofmarschalls oder Ceremonienmeisters genau bestimmt. Wir[212] haben daher nicht nöthig, die Art und Dauer der Trauer für die verschiedenen Fälle näher anzugeben, sondern bemerken nur, daß alle Personen, welche zu einem Hofstaate oder der bei Hofe eingeführten Gesellschaft gehören, die erlassenen Vorschriften während der ganzen Dauer der Trauer streng zu beobachten haben.

Bei der Armee werden ebenso wie für den Hof die Vorschriften über Dauer und Art einer anzulegenden officiellen Trauer bekannt gemacht, und dieß gilt ebenfalls von dem uniformirten Beamtenstande. Privat-Trauer wird zur Uniform gar nicht angelegt, was wohl daher kommt, daß man annimmt, nicht der Officier, der Beamte, traure um den Vater, die Mutter etc., sondern nur der Sohn, dieser aber, als solcher, trage keine Uniform. Indeß sieht man dennoch häufig, daß zur Uniform für Privat-Trauer eine Kreppbinde um den Arm getragen wird; ein weiteres Zeichen der Trauer findet man indeß nicht statthaft.

Sogenannte tiefe Trauer, bei der Damen nur schwarze und nur Wollenstoffe zur Kleidung tragen, und während welcher sogar aller Schmuck schwarz sein muß, wird nur für die nächsten Verwandtschaftsgrade angelegt, und zwar:

Für Großvater und Großmutter vier und einen halben Monat;

für Vater und Mutter sechs Monate;

für den Gatten von dessen Wittwe ein Jahr und sechs Wochen;

für die Gattin von dem Wittwer sechs Monate;

für einen Bruder und eine Schwester zwei Monate;

für erwachsene Kinder ein Vierteljahr.

Für kleinere Kinder trauern selbst die Eltern nur selten, und auch im Allgemeinen wird die Trauer, welche für minder Bemittelte eine schwere Ausgabe ist, oft nicht angelegt oder bei den Männern auf einen Flor um den Hut, bei den Frauen auf schwarzes Band beschränkt.[213]

Während der Dauer der tiefen Trauer schreibt man auf Briefbogen mit schwarzem Rande und siegelt man mit schwarzem Lack. Letzteres wird auch bei der Halbtrauer beibehalten.

Halbtrauer, welche die graue Farbe, zuweilen auch lilla, statt des Schwarzen, zum Zeichen hat, und die man nach der tiefen Trauer, sowie ausschließlich für entferntere Verwandte anlegt, und während welcher die Damen glänzenden, d.h. hellfarbigen Schmuck tragen, wird angelegt:

Für Onkels und Tanten drei Wochen;

für Vettern und Cousinen vierzehn Tage;

für Onkels und Tanten à la mode de Bretagne eilf Tage;

für Vettern und Cousinen im zweiten Grade (anderer Geschwister Kinder) acht Tage.

Während der tiefen Trauer tragen die Männer den ganzen Hut mit Flor oder Krepp umhüllt, und um den linken Oberarm eine schwarze Binde von Flor oder Krepp. Rock und Beinkleider müssen während der ganzen Dauer dieser Trauer von schwarzer Farbe sein. Bei der Halbtrauer fällt die Binde um den Arm weg.[214]

Quelle:
Fresne, Baronesse de: Maximen der wahren Eleganz und Noblesse in Haus, Gesellschaft und Welt. Weimar 1859, S. 212-215.
Lizenz:
Kategorien: