13) Der Schwätzer.

[83] Der Schwätzer ist eine Zusammensetzung von einem Waschweibe und einem Menschen, der seine Zunge nicht zu beherrschen versteht.

Man könnte bei Schwätzern beinahe an eine Krankheit glauben, welche sie nöthigt, ihre Zunge in beständiger Bewegung zu erhalten; denn in der Regel ist der Schwätzer weder eitel, noch ruhmsüchtig, noch eingebildet, noch macht er Anspruch darauf, ein Schönredner zu sein.

Im Allgemeinen ist der Fehler der Schwatzhaftigkeit dem weiblichen Geschlechte mehr eigenthümlich, als dem männlichen.

Der besten und wohlwollendsten Absichten ungeachtet, kann der Schwätzer sehr gefährlich werden und sehr viel Böses bewirken, ohne eine Ahnung davon zu haben.

Wie leicht kann nicht bei einem endlosen Strome zum Theil unüberlegter Worte das eine oder das andere Wort mit unterlaufen, welches – wenn auch unbewußt und absichtslos – eine Unbescheidenheit, einen Spott, etwas Verleumdung enthält.

Der Schmätzer ist in der Gesellschaft das langweiligste und unerträglichste Geschöpf.

Der Schwätzer stellt sehr oft Andere bloß, nicht selten aber auch sich selbst.

Quelle:
Fresne, Baronesse de: Maximen der wahren Eleganz und Noblesse in Haus, Gesellschaft und Welt. Weimar 1859, S. 83.
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