• Gontard, O. von
      • Wie soll ein weibliches Wesen sich benehmen, um einen Mann zu bezaubern

O. von Gontard

Wie soll ein weibliches Wesen sich benehmen, um einen Mann zu bezaubern?

Praktische Ratschläge eines scharfen Beobachters

Wie soll ein weibliches Wesen sich benehmen, um einen Mann zu bezaubern

Schon bei der Aufstellung der sehr ernsten und schweren Frage, im Zeitalter der Frauenbewegung, ruft manche Leserin bei dem Titel aus: »Es ist doch die Sache der Männer uns zu bezaubern, nicht umgekehrt!«

Die Ausarbeitung des gestellten Themas wird den Beweis liefern, daß ein Mann nur einer Dame seine Galanterie und Huldigung bringen wird, die ihn vorher durch ihre Persönlichkeit selbst bezaubert hat.

Nicht an emanzipierte Damen wendet sich der Belehrende, sondern nur an solche Wesen, die den ihnen vom Schöpfer bestimmten Frauenberuf – als Gattin und Mutter – schon angetreten haben, oder im Leben noch antreten wollen.

[3] Auch diejenigen Leserinnen irren, welche vermuten, die Antwort der Frage würde eine Moralpredigt sein, oder gar ein Auszug aus dem Buche »Knigges Umgang mit Menschen.«

Wie ein weibliches Wesen sich benehmen soll, um einen Mann zu bezaubern, diese Beantwortung ist lediglich zum Wohle für Mann und Weib bestimmt.

Der Verfasser hofft, daß jede verständige Mutter, nachdem sie diese Aufzeichnungen gelesen, das Buch ihrem herangewachsenen Töchterchen mit den Worten gibt: »Hier mein Kind, handle so, wie es der Autor vorschreibt.«

Im ersten Buche Moses, im zweiten Kapitel des achtzehnten Verses steht:

»Und Gott der Herr sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei, ich will ihm eine Gehilfin machen, die um ihn sei!«

Unsere Erde birgt aber dennoch ungezählte, alte, unzufriedene, mißmutige Junggesellen und eine noch größere Zahl von vertrockneten, alten Jungfern.

An jeden unverheirateten Herrn in den mittleren Jahren, der dem Autor bekannt wurde, stellte er seit vielen Jahren die Frage, welches der Grund gewesen sei, Abstand zu nehmen, sich eine Gehilfin fürs Leben zu wählen. Die dem Verfasser angegebenen Gründe sah sich [4] derselbe näher an, prüfte dieselben, lernte daraus und wenn es ihm gelingen sollte, in dieser Beziehung der Ehelosigkeit auch nur etwas Besserung zu schaffen, so wäre der Zweck der Broschüre vollauf erfüllt.

Ein solch vollkommenes weibliches Wesen, welches alle die vom Schreiber dieses Büchleins angeführten Tugenden besitzt, existiert wohl kaum, auch werden nicht alle Ratschläge Beachtung finden. Dieses wird aber auch nicht verlangt, sondern es soll nur ein Fingerzeig gegeben werden, wie man einen Mann fesseln und bezaubern kann.

Die alten Römer und Griechen beugten sich gerne vor ihren Frauen und Müttern – nicht als Kämipserinnen oder Gesetzgeberinnen. Zahllose Junggesellen der heutigen Tage täten dasselbe, wenn sie nicht durch das Auftreten und Benehmen vieler, im modernen Zeitgeist aufgewachsenen weiblichen Wesen so abgestoßen würden, daß sie nichts bezauberndes bemerken.

Zunächst muß ein Mann Achtung und Ehrerbietung haben vor einer Dame, der er sich nähern möchte. Kann er dies vor einem weiblichen Wesen, welches sich in burschikoser Weise gehen läßt, welches den Mann in Sprache, Kleidung und Auftreten nachzuahmen versucht? Von allen Seiten erfolgt darauf ein lautes »Nein!«

[5] Man sehe sich nur einmal solche weibliche Wesen näher an, wie sie in Unzahl in Großstädten, Bädern, besonders aber in Künstler- und Universitätsorten auftreten.

Auch die verehrten Leserinnen werden die Achtung vor solchen Mitschwestern verlieren.

Die Frau soll die Gehilfin des Mannes sein, sagt die Schöpfungsgeschichte. Als Beraterin, guter Kamerad und wahre Freundin soll die Gattin ihrem Manne treu zur Seite stehen und Freud und Leid mit ihm teilen. Gleichberechtigt soll die Frau dem Manne in der Ehe sein, daher darf sie nicht zur Sklavin, zum Dienstboten, erniedrigt werden.

Die Mutter ist in erster Linie dazu bestimmt, die Lehrmeisterin ihrer Tochter zu sein, deshalb muß sie dieser ein leuchtendes Vorbild geben, wie man in der Häuslichkeit einen Mann bezaubern kann. Scharf muß die Mutter das Tun und Treiben ihres Töchterchens überwachen, um Unheil zu vermeiden. Gehen wir auf die Ursachen von vielem Familienleid zurück, so sehen wir die mangelnde Beaufsichtigung. Schauen wir nur den Werdegang einer sogenannten Großstadttochter an, beobachten wir sie und horchen, wovon sie spricht. Das Gesprächsthema ist und bleibt – der Mann.

[6] Die Großstadttochter wird zu früh reif, weil man das junge Ding überall mit hinnimmt. Der übertriebene Alkoholgenuß befördert die Frühreife und vieles sieht und hört ein solches Kind, was direkt schädlich für die Erziehung ist.

Noch in die höhere Töchterschule gehend, ist Nachbars Fritz, der hübsche blonde Gymnasiast, ihr Busenfreund, mit dem sie heimliche Stelldicheins verabredet. Nun kommt die Periode des ersten längeren Kleides und damit ist der Anschluß an den Jüngling gegeben, hervorgerufen durch den innigeren Verkehr durch Tanzstunden, Partien usw. Ist eine Universität am Ort, schließt man sich irgend einer Verbindung, Korps oder sonstigen Korporation an. Nicht mehr so harmlos wie früher ist meist der Verkehr, und üble Folgen sind keine Seltenheit. Postlagernd, unter Chiffer, wird hinter dem Rücken der ahnungslosen Mutter die Korrespondenz geführt, bis das Unglück eintritt. Mit dem Liede: »Andere Städtchen, andere Mädchen,« ist der geliebte Studio oder junge Kaufmann von dannen gezogen und trauernd schaut ihm das nun in den zwanziger Jahren stehende junge Mädchen nach. Mit allen Mitteln versucht sie, jetzt einen Mann zu bekommen, wirkt aber durch ihr geziertes, ausdrängliches Wesen nicht [7] verlockend und doppelt wird er abgestoßen, wenn der Mann von dem Vorleben einer solchen Dame Kenntnis erhält.

Von solcher Nachsicht in der Erziehung wird kein Mann bezaubert werden.

Die Mutter soll die ältere Freundin ihrer Tochter sein, sie darf sie nicht in Unwissenheit über viele Dinge lassen, die keinem weiblichen Wesen erspart bleiben. Dem Taktgefühl der Mutter wird es gelingen, hier zwischen falscher Prüderie und wahrer Frauenehre die Grenze zu finden. Einer erwachsenen Tochter kann die Mutter ruhig erzählen von den teutonischen Frauen und Jungfrauen, welche den siegreichen Marius um die Erlaubnis baten, sich der Göttin Vesta widmen zu dürfen. Marius aber wollte die teutonischen Mädchen seinen Kriegern opfern, um ihre Keuschheit zu wahren, erdrosselten sich diese Jungfrauen in einer Nacht selbst.

Solche vernünftige Erziehung der Tochter durch die Mutter wird den Mann bezaubern, während vorgetragene Ammenmärchen ihn abstoßen werden. Rein und keusch muß die Seele eines weiblichen Wesens sein, welches anziehend auf den vornehm denkenden Mann wirken will. Das Bild der Unschuld und Sittlichkeit müssen beim weiblichen Wesen vorhanden sein, um Zuneigung zu erwecken. Durch [8] Erziehung soll der Tochter der Grundsatz beigebracht werden, daß Schmerz und Leid nur unsere Seele läutern können.


»Der Mensch sei nie der Stunde gram,

Wo Leid ihn in die Schule nahm,

Erfüllen soll die Menschheit ihre Sendung,

In ruhelosem Streben nach Vollendung!«


Um Religion und Gottesfurcht zu haben, ist ein stündliches in die Kirche laufen nicht nötig. Tue Recht und scheue niemand, dies sei die Richtschnur.

Ein weibliches Wesen, welches Vater und Mutter liebt und verehrt, wird auch ihren Kindern eine gute, sorgende Mutter sein. Kindesliebe und Liebe zu Kindern zeigen dem Manne das weiche Gemüt, und eine solche Eigenschaft wirkt anziehend. Wie bezaubernd die Liebe zu Kindern wirken kann, dies hat uns Goethe meisterhaft an Werthers Lotte gezeigt, als sie angetroffen wurde, das Brot verteilend an ihre sie umringenden Geschwister. In gewissen Kreisen der Frauen-Emanzipation schielt man mit großem Eifer nach dem von der jetzigen Gesellschaftsordnung den Männern – stillschweigend – gestatteten Aechte der freien Liebe; anscheinend beneidet man sie darum. Die Anhängerinnen solcher unheilvoller Tendenzen haben keinen Anspruch auf die Sympatien [9] der gebildeten, ästhetisch denkenden Männerwelt.

Freie Liebe hatte nur jeweils in den Zeiten eine Berechtigung, in denen national-ökonomische Verhältnisse diese notwendig machten. Man erinnere sich an das alte Sparta, das den Bestand seiner Krieger durch kein anderes Mittel als durch die Proklamierung der freien Liebe erhalten konnte. Die Zeiten der alten Spartaner liegen aber Jahrtausende hinter uns. Bei der heutigen Ueberproduktion an Menschen würde bald eine noch größere Uebervölkerung eintreten und die Welt ein Sodom und Gomorra sein. Nichts von Zauber haben solche Frauenbewegungs-Ansichten. Halte die herangereifte Jungfrau nur Umschau unter. den Männern des Landes, fessele sie einen Mann durch natürliche Anmut, Heiterkeit und Häuslichkeit, wie durch ihre Persönlichkeit selbst.

Alles Gemachte ist Unnatur und dennoch ist jeder Mensch in der Lage, durch Ablegen kleiner Fehler seine Natur zu verbessern.

Keine künstlichen Mittel, wie Puder, Schminke, stark riechende Essenzen sind zur Verschönerung notwendig, sondern in erster Linie die Sauberkeit und die seelische Reinheit.

Die Natur ist immer am schönsten. Ein Mündchen, in welchem man eine Perlenreihe von wohlgepflegten Zähnen sieht, gibt selbst [10] einem häßlichen Gesicht etwas liebliches und anziehendes.

»Vor der Schönheit sinkt man in die Knie; die Anmut küßt man gleich auf die Lippen.«

Die Schönheit vergeht nun einmal im Leben, doch das Herz bleibt. Ein herzloses weibliches Wesen stößt ab. Nicht jede Dame kann schön von Gesicht sein, dennoch wird ein verständiger Mann von dem liebenswürdigen Wesen einer charaktervollen, geistreichen aber selbst häßlichen Dame angezogen, ja bezaubert werden können. Eine wohltuende reine klare Stimme ist etwas schönes bei einer Dame. Bemühe sie sich, ein gutes Deutsch zu sprechen, weil scharfer, ausgeprägter Dialekt aus Damenmund besonders lächerlich klingt. Einer zarten Damenstimme lauscht der Mann gerne, deshalb müssen Nasal- und Guturallaute vermieden werden.

Das Auge spricht besser als der Mund. Der Mann wird den Blick verstehen und ebenso das weibliche Wesen, welches einen sie verehrenden Manne durch einen Augenaufschlag, der sein Auge trifft, ein »Ja, fürs ganze Leben,« zurufen kann. Hat eine Dame die innere Ueberzeugung, den richtigen Mann gefunden zu haben, so darf sie, wenn sie auch seine Zuneigung emipsindel, ohne sich etwas zu vergeben, durch das Auge, wie durch den Händedruck,[11] dem Manne ihre Neigung merken lassen. Der Mann wird es dann wagen können sich auszusprechen und um ihre Hand anhalten. Einem Schurkenstreich ist es gleich zu erachten, wenn eine Dame einen Mann zum Spielball ihrer Launen macht und Hoffnungen in ihm erweckt, die Lug und Trug waren. Solche Kreatur, ob Mann oder Weib, verachtet man, sie gehört ausgestoßen aus jedem Verkehr. Siechtum, Verfall des Geistes, sogar Selbstmord, sind nur zu häufig die Folgen gewesen. Solch ein Benehmen hat wahrlich nichts bezauberndes.

Die gepflegte zarte Damenhand soll nicht eine Handschrift hervorbringen, die auch vom Torschreiber mit dem Federkiel angefertigt hätte sein können. Nicht nur nach der Schrift, sondern auch nach anderen Dingen werden Schlüsse gezogen auf den Charakter eines Menschen. Schauen wir nur einmal die Körperhaltung und den Gang an. Meist ist die Starrköpfigkeit erwiesene Tatsache, wenn eine Dame einhergeht, als wenn sie einen eisernen Ladestock verschluckt hat. Für träge hält man das Wesen mit zu langsamem schleppenden Gang. Den Eindruck der Eitelkeit und Koketterie glaubt man bei zu kleinen trippelnden Schrittchen zu erkennen. Lieber soll eine Dame bei Eile ein schnelleres Tempo einschlagen, als zu [12] große Schritte machen, bei welchen das Kleid hin- und herfliegt, wie eine Fahne, die vom Winde gepeitscht wird, denn dies sieht gewöhnlich aus. Bei Haltung und Gang ist die goldene Mittelstraße das schönste und das richtigste.

Das Antlitz muß möglichst frei vom Haare bleiben und nur Individuen mit abnormen Ohren sollen das hübsche zarte Damen-Oehrchen dem Auge durch die Frisur entziehen. Jede Dame wähle diejenige Haartracht, welche ihr zu Gesicht steht, aber vermeide Uebertreibungen. Ein turmartiger Aufbau auf dem Kopfe, selbst der hübschesten Dame, wird den im Konzert oder Theater hinter dieser sitzenden Herrn zur Verzweiflung bringen, aber nie bezaubern.

Ein gut sitzender Stiefel an einem Damenfuß wird von jedem Manne gerne gesehen. Abstoßend wirkt ein ausgetretener Schuh, der breite, plumpe Absätze hat, die wohlmöglich schief getreten sind. Weder im, noch außer dem Hause darf man sich nicht zu sehr der Bequemlichkeit in der Bekleidung des Fußes gehen lassen.

Fein, vornehm und anständig muß das Benehmen einer Dame sein, die auf einen Mann bezaubernd wirken will. Niemals darf sie sich in dieser Beziehung etwas vergeben, auch wenn [13] sie sich selbst überlassen ist. Die Auswahl der Lektüre muß eine ausgesuchte sein und Schmutzromane gehören nicht in das Boudoir einer gesitteten Dame. Durch das Lesen von guten Büchern, Besuchen von Theatern, Konzerten, Ausstellungen, Vorträgen usw. kann jede Dame sich so bilden, daß sie ungeniert ihre Meinung äußern kann. Der Gedankenaustausch ist wichtig und der geistreichen Dame Ansichten werden dem Manne nicht nur lieb und wert sein, sondern viele Ratschläge wird er befolgen und von dem Verstand dieses Weibes bezaubert sein.

Schön sind bei einer Dame Passionen oder Neigungen für Kunst, Musik, Wissenschaft oder irgend eine Art Sport. Sie geben Anregung zu geistigem Verkehr, denn ein Geschöpf, was nur mit »Ja« und »Nein« zu antworten vermag, ist ein richtiger Blaustrumpf und bezaubert nicht.

Auch durch das Kostüm kann ein weibliches Wesen bezaubernden Einfluß auf den Mann ausüben. Eine Dame ziehe sich so an, daß ihre Körperformen sich abheben; aber auch hier ohne Uebertreibung. Die Damen brauchen nur den Anschauungen des Gatten, oder jüngere Damen denen des Verehrers zu folgen, wenn der Mann Geschmack in Toilettenfragen zeigt. Einfache, in ruhigem Ton gehaltene Farben werden im allgemeinen lieber gesehen, wie [14] grelle Zusammenstellungen. Neben einer vornehm angezogenen Dame geht jeder Herr lieber einher, wie neben einer auffallenden Vogelscheuche. Kein Mann wird von seinem Frauchen bezaubert sein, wenn diese den ganzen Tag in abgetragenem, altmodischem, ja fleckigen Kleide im Hause hantiert und der Staat nur für die Außenwelt existiert. Viele deutsche Frauen mögen sich die vornehme Wienerin zum Muster nehmen, welche das Schlafgemach nicht unfrisiert verläßt und in hellem, frischen einfach aber schick gemachten Morgenkleidchen den Gemahl beim Frühstück emipsängt. Die Wienerin erhebt sich lieber früher, als unangezogen zum Frühstück zu erscheinen. Wohlhabende Damen können sich den Luxus gestatten, unmodern gewordene Sachen zu verschenken. Weniger bemittelte werden aber immer Zeit finden, ein Kleidchen zu modernisieren, um anmutig auf den Mann zu wirken. Liebreizend muß ein weibliches Wesen für den Mann immer sein und bleiben. Entkleidet sich eine Dame, so muß die untere Toilette immer schöner, lustiger und duftiger werden. Die leicht parfümierte Wäsche hat etwas bezauberndes auf die meisten Männer. Die Reize einer Frau gehören dem Ehemann allein und soll eine Dame dieselben nicht zu öffentlich zur Schau tragen. Zu große Offenherzigkeit bei Schnitt[15] einer Ballrobe lieben feinfühlende Männer nicht. Im Ballsaal, im Salon, kann die Schleppe getragen werden. Traurig aber ist es, daß die Straßenschleppe noch nicht verschwunden ist, obgleich so viel über die Bazillen-Theorie geschrieben wird. Die Schleppe wirkt lebenszerstörend und gesundheitsschädlich. Eine staubaufwirbelnde Straßenschleppe empört das Männerauge. Jede Dame wird in der Lage sein, einfach aber geschmackvoll zur Mittagszeit angezogen zu sein, um dem aus dem Geschäft oder Dienst heimkehrenden Gatten entgegen zu eilen und ihn zu begrüßen. Dieser wird dann doppelt gerne sein geliebtes Weibchen in seine Arme schließen und ihren Lippen einen Kuß rauben.

Erziehe die Mutter nur ihre Tochter so, daß die Worte der Frau von Staël wahr sein möchten, die in ihrem berühmten Buche über Deutschland sagt: »Die deutschen Frauen haben einen Reiz, der nur ihnen eigen ist, einen rührenden Klang der Stimme, sie sind bescheiden, ihre Gefühle sind wahr, ihre Manieren, wie Bekleidung, einfach. Ihre sorgfältige Erziehung und die Reinheit ihres Gemütes, die ihnen natürlich ist, erklären den Zauber, den sie ausüben!«

Man gebe sich nicht dem Glauben hin, daß es nur eine Möglichkeit für die Damen der [16] besser situierten Klassen sei, den Intentionen des Autors gerecht zu werden. Selbst das weibliche Wesen der dürftigeren Bevölkerungsschicht wird es, bei einigermaßen gutem Willen und etwas Geschicklichkeit, in der Hand haben, ihr Heim sowohl – als ihre eigene Person – mit geringen Mitteln in sauberer, ansprechender Weise zu gestalten. Wie mancher Mann des Arbeiterstandes fühlt sich durch eine gewisse Festtägigkeit seines Hauswesens der abstumpfenden Tretmühle seines Berufes entrückt und bleibt gerne bei seinem sauberen Frauchen, statt sich unter seine zechenden Genossen zu mischen.

Mit Energie und etwas gutem Willen können von einer Dame vorhandene schlechte Angewohnheiten und Eigenschaften wohl unterdrückt oder beseitigt werden. Man zählt dazu das Seufzen, Wiederholen von Gedanken, die Traurigkeit, Reizbarkeit, Rachsucht, Prahlerei, Müdigkeit, den Geiz usw. Besonders die Klatschsucht ist ein gefährlich Ding, denn unendlich viel Unheil entstand durch kleinliches Schwatzen und Klatschen in Kaffeekränzchen. Direkt abstoßend sind Schimpfworte oder gewöhnliche Redensarten aus Damenmund. Weniger reden ist besser wie zuviel. Schlaflosigkeit besser wie Schlafsucht. Ohne Arzt und Medikamente sind viele dieser Uebel selbst zu[17] heben, wie meist durch einen größeren Spaziergang, auch durch körperliche Anstrengung der Mangel an Schlaf beseitigt werden kann. Geduld muß eine Dame haben, sie soll nicht ungeduldig sein. Die Bescheidenheit steht ihr besser wie der Stolz. Ein humanes Wesen soll sie zeigen. Verschwendungssucht, selbst der wohlhabensten Dame, stößt den Mann ab, während die Sparsamkeit ihn erfreut, wenn diese am richtigen Ort angewendet wird und nicht zum Geiz ausartet. Eine gewisse Zurückhaltung wird von jedem Manne einer übertriebenen Zärtlichkeit vorgezogen. Ein sympathisches Empfinden von Weib und Mann wird der Zartsinn des Gemütes einer Frau bald herausfinden. Viel Unfrieden ist in Ehen gestiftet worden, wenn sich Damen der Schwelgerei von Lustbarkeiten ergeben haben. Die Vergnügungssucht muß weit hinter der Häuslichkeit zurückstehen.

Die Barmherzigkeit, die Großmut, das Mitleid sind schöne Züge für ein weibliches Wesen. Die übertriebene Wohltätigkeit sinkt zur Schwäche herab. Die allerhehrste und beste aller weiblichen Tugenden ist unbestritten die Häuslichkeit.

Unsere Vorfahren, die alten Germanen, singen ihr Stammleben mit einer abergläubischen Ehrerbietung vor dem schönen Geschlechte [18] an. Der häuslich waltenden Hausfrau war diese Ehrerbietung zu verdanken. Streben unsere deutschen Damen diesem Zeitalter nach, dann wird es weniger Junggesellen geben. Ein jeder ältere, verständigere Mann strebt mehr oder weniger nach einer Häuslichkeit und nur der katholischen Geistlichkeit ist die Ehelosigkeit vorgeschrieben.

Dem Verlust der Häuslichkeit folgte auf seiten der Römer, nach Christi, eine moralische Zerrüttung so grob und roh, daß man Einzelheiten kaum erwähnen kann.

Der Hauptgrund, warum so viele Junggesellen sagen: »Heiraten ist gut, nicht heiraten besser,« ist der, daß sie bei ihren Freunden und Bekannten Ehen sehen, wie sie nicht sein sollen und Schillers Wort keine Anwendung finden kann: »Und drinnen waltet die züchtige Hausfrau, die Mutter der Kinder und herrschet weise, im häuslichen Kreise!«

Die Hausfrau soll der Häuslichkeit anordnend vorstehen, – nicht alle Arbeiten persönlich verrichten. Dies wird keinen Mann bezaubern.

Durch die Mutter wird das Fundament für das Leben gelegt. Die genossene Erziehung in der Kinderstube hängt dem Menschen in seinem ganzen Dasein an, dort wird die Grundlage der Ordnungsliebe geschaffen. Deshalb [19] muß die Mutter dafür Sorge tragen, daß jedem Mitgliede der Familie auch die nötigen Bequemlichkeiten zukommen. Wie dem heranwachsenden Töchterchen ein Nähtisch, der mit aufzuklappendem Deckel gleichzeitig Schreibtisch sein kann, als persönliches Eigentum übergeben werden soll, muß auch der Knabe seinen eigenen Tisch mit verschließbarer Lade besitzen. Dort kann das Kind die Schularbeiten machen und sich beschäftigen wie es will. Diese Einrichtung kann sich selbst eine kleine Beamten-Familie leisten. Nicht bezaubernd ist es für einen Mann, wenn heute hier, morgen dort, Sachen herumliegen und alle möglichen Gegenstände gesucht werden, die verschiepvt sind und Feder und Tinte im ganzen Hause spazieren getragen werden.

Einfach und bescheiden, aber traulich und gemütlich müssen die Wohnräume sein. Peinliche Sauberkeit muß herrschen. Einen gründlichen Hausputz zu gewissen Zeiten erkennt jeder Mann als notwendig an. Wenn aber in jeder Woche das ganze Haus in Wasser schwimmt und die Wäschetage keine Zeit zum Kochen lassen, dann wird der Mann die Aushäusigkeit vorziehen, weil er nicht davon bezaubert ist. –

Zum Leben gehört ein gesunder Schlaf und darum wähle man keine beengenden Schlafräume, [20] sondern ein lustiges, schönes Zimmer aus. –

Auf die Behaglichkeit des Herren- oder gemeinsamen Wohnzimmers ist der größte Wert zu legen, wenn man einen Mann an das Haus fesseln will. Hier muß sich der Mann wahrhaft wohl fühlen. Am Fenster dort wird sich auch das Lieblingsplätzchen des Hausmütterleins befinden, wo sie gerne, im bequemen Sessel sitzend, über die Haushaltungssorgen nachdenkt. Nur wenige Schritte ist die Gattin an diesem Ort von ihrem geliebten Manne entfernt, den sie sich bestrebt, nicht zu stören, wenn dieser mit geistiger Arbeit beschäftigt ist. In diesem Raum steht das Heiligtum des Hauses in Gestalt des Herrenschreibtisches. Im dunkeln müssen auf dem Arbeitstisch die Sachen wiederzufinden sein, wo der Mann sie hingelegt hat. Hierher gehört die Briefpost, nicht in die Küche.

Dem Küchenwesen soll die Hausfrau freudig vorstehen. Mit Stolz wird sie ihren näheren Bekannten die hübsch eingerichtete Küche zeigen, denn das Wort hat Wahrheit: »An der Küche erkennt man den Haushalt!« Die Kochkunst ist nun einmal so wichtig für den Haushalt, wie die Patrone für das Gewehr des Kriegers. Die sogenannte bürgerliche Küche ziehen die meisten Männer den vielen [21] Gängen vor und wenn im Küchenzettel Abwechselung geschaffen wird, setzt sich gewiß das ganze Haus mit Freude zu Tisch. Kein Mann wird entzückt und bezaubert von einer Gattin sein, welche abhängig von der Köchin ist, weil dadurch ihre Selbständigkeit verloren geht.

Von der falschen Sparsamkeit im Haushalt ist kein Mann erbaut und gerade in vielen deutschen Haushaltungen werden dagegen die ärgsten Verstöße gemacht. Im Wäscheschrank liegt köstliches Linnen und die Familie bekommt das Essen auf vielfach geflicktem, ja zerrissenem Tischtuch vorgesetzt. Das vorhandene Silber oder Alsenit harrt in wohlverschlossener Truhe auf Kind und Kindeskind, während Stahlgabeln und abgenutzte Löffel in Benutzung sind.

Für weniges Geld wäre ein geschmackvolles tägliches Porzellan zu beschaffen, doch angebrochene Teller und Geschirre erscheinen auf dem Tisch. Ohne jede Unkosten kann die Schmückung des Eßtisches mit einem Feldblumenbukett erfolgen und solche kleine Aufmerksamkeiten, wie die Sorgsamkeit, mit welcher der Tisch gedeckt ist, erfreuen jedes Männerherz.

Eine Hausfrau, die es versteht, eine richtige Verteilung der Ausgaben vorzunehmen, die wirtschaftliche Verwendung dieser zu bestimmen, tüchtig Ordnung hält, wird einem [22] Manne ganz besonders lieb und wertvoll erscheinen.

Viele Männer, die in nervenaufreibender, anstrengender Tätigkeit außerhalb des Hauses ihren Beruf erfüllen müssen, fällt es, wenn sie in der Familie Ruhe und Erholung zu finden hoffen, direkt auf die Nerven, das Hauswesen in nicht geordnetem Zustande antreffen zu müssen. Nicht das schlechteste Verdienst eines Weibes ist es, in dieser Hinsicht gutes zu leisten und die geistigen Fähigkeiten des Mannes durch den Frieden der Häuslichkeit neu zu beleben. Auf solche Weise nimmt die Ehefrau nicht zu unterschätzenden Anteil an den geistigen Erfolgen ihres Gatten, wenn auch nur in indirekter, aber für ihn bezaubernder Beziehung.

Zum Haushalte gehören auch noch die Dienstboten und muß dieses Kapitel etwas ausgedehnter besprochen werden, weil dort große Mißstände herrschen, deren Abänderung vielfach in der Hand der Hausfrauen liegen. Die Hausfrau darf streng gegen ihr Dienstpersonal sein, aber sie darf nichts unmögliches verlangen, wie dies nur zu häufig geschieht. Uicht hochfahrend und hochmütig soll sie auftreten, sondern ruhig belehrend. Werden keine Leistungen des Personals anerkannt, hat dies keinen [23] Moment Ruhe, bewegt sich die Gebieterin des Hauses nur tadelnd, befehlend, schimpfend in den heimischen Penaten, dann bleibt kein Dienstbote längere Zeit in solcher Stelle. Der permanente Wechsel des Personals ist aber jedem Manne unangenehm, er wird bald einsehen müssen, daß seine auserkorene Frau die böse Sieben ist. Ein Mißklang wird in die Harmonie einschleichen und der Ehemann wird lieber dem Wirtshaus zustreben, wie bei einem in dieser Weise auftretenden nicht bezaubernden Weibe zu bleiben. Viele dieser dienstbaren Geister haben in ihrer Jugend bessere Zeiten gesehen. Manche Tochter armer Witwen ron Beamten, Kaufleuten, Offizieren, Lehrern und Geistlichen befinden sich in den Wohnungen der Wohlhabenden hinter dem Herd, in den Zimmern, als Erzieherin der Kinder, als Gesellschafterin. Durch harte Schicksalsschläge, unvermutete Geldverluste, kann es jeder Familie passieren, die eigenen Kinder schon im jugendlichsten Alter, kaum aus der Volksschule ausgetreten, in fremder Leute Dienste treten lassen zu müssen. »Furcht soll das Haupt des Glücklichen umschweben, denn ewig wechselt des Geschickes Wage.«

Manche Dame wird nun sagen, dies sind Ansichten eines Mannes, der vom Haushalte nichts versteht. Unsere heutigen Dienstboten [24] wollen mit Glacéhandschuhen angefaßt werden und scheuen die Arbeit.

Nein, meine Damen, Sie irren, denn abgesehen von eigener langjähriger Erfahrung in der Ehe, erlebte der Verfasser dieser Schrift einen ganz besonders traurigen Fall an einem seiner Bekannten, den er nachher anführen wird. Die Kenntnisse, das Dienstbotenkapitel näher kennen zu lernen, erwarb sich der Autor durch rege Beschäftigung auf dem Vermittelungsamt, wo von seiten der Dienstboten die unglaublichsten Klagen einliefen, die sich meist voll und ganz bestätigten. Meist waren es zu große Anforderungen, worin die Klagen ihren Gipfelpunkt hatten. Würden die Klagesteller Tiere gewesen sein, hätte man die Behandlung Tierquälerei genannt.

Kurz soll nun der oben bezeichnete Fall erzählt sein.

Der betreffende Herr stand vor der Hochzeit mit einer hübschen, wohlhabenden Dame, in deren elterlichen Hause die Dienstboten mager beköstigt, sehr kärglich bezahlt und schlecht behandelt wurden. Er versuchte Wandel in der Behandlung zu schaffen, doch vergeblich. Da traf er eines Tages ein in diesem Hause bedienstetes, weinendes Zimmermädchen an, die ihm auf seine teilnehmende Frage erzählte, man habe ihr drei Tage Urlaub abgeschlagen, obgleich der[25] Vater im Sterben läge. Mit dem Brief der Mutter dieses Mädchens in der Hand ging dieser Herr zu seiner Braut, um sie zur Fürsprecherin zu bestimmen. Da hörte er die Worte: »Nur ein Wesen, was Bildung hat, besitzt Anspruch auf Mitleid. Der Vater kann auch ohne sie sterben, die Verson soll arbeiten, dafür wird sie bezahlt!« Eine heftige Szene mit diesem herzlosen Geschöpf war die Folge und noch am gleichen Tage löste mein Freund die Verlobung auf. Am Abend dieses Tages zog man die Leiche des sich ertränkt habenden Dienstmädchens aus dem Brandweiher. Am nächsten Morgen zählte auch die gestern noch gewesene Braut zu den Toten, denn sie hatte sich mit Sublimat vergiftet und war unter entsetzlichen Krämpfen gestorben.

Kann sich eine Hausfrau nur einen weiblichen Dienstboten halten, so soll sie sich bei der Auswahl eine robuste, kräftige Person nehmen, die alle Arbeiten leisten kann. Genau wie es einen einfachen und besseren Haushalt gibt, macht man auch den Unterschied zwischen einfachen und besseren Mädchen. Letztere gehören in solche Häuser, wo man getrennte Arbeit in der Lage ist, durchführen zu lassen. In dem einen Hause liegt ein schwächliches Mädchen den ganzen Tag auf den Knien und putzt mit Stahlspänen die Parkettfußböden. [26] Im anderen Hause bügelt oder wäscht bei tropischer Hitze ein junges bleichsüchtiges Geschöpf, bis es der Ohnmacht nahe ist. Die Putzfrau, die Waschfrau, die Büglerin werden von der Hausfrau erspart, die Gesundheit des Dienstboten aber untergraben. Ueber die Wohnungs-Unterbringung wie Verpflegung der Dienstboten will ich mich hier nicht einlassen, doch hofft der Verfasser, daß diese Zeilen dazu beitragen werden, dieser Sache von Hausfrauen Seite aus mehr Wert beizulegen.

In jedem Haushalt wird man sich wohl einmal alle vierzehn Tage einen Sonntag Nachmittag und Abend ohne Dienstboten oder mit einem Mädchen behelfen können. In Norddeutschland ist es allgemein eingeführt, daß das Mädchen den Hausschlüssel bekommt und um 12 Uhr zu Hause sein muß. Späteres Eintreffen ist Entlassungsgrund. In Süddeutschland besteht die Unsitte noch in vielen Familien, dem Dienstmädchen nur alle vierzehn Tage einen freien Ausgang von drei bis sieben Uhr zu gestatten. Diese Zeit ist zu kurz, denn keinerlei Ausflug kann in den wenigen Stunden unternommen werden. Wenn im Sommer die arge Hitze anfängt etwas nachzulassen und es erträglicher in der Natur wird, geht das Dienstmädchen mißmutig in ihre Sklaverei zurück. Sind erwachsene Töchter im Hause, [27] welche die Besorgungen machen oder werden diese von der Hausfrau selbst gemacht, vergehen wieder vierzehn Tage bis solch armes Wesen wieder einmal in der Natur von der Sonne beschienen wird. Nach dem Gesetz hat jede Kellnerin, als Gewerbegehilfin, alle vierzehn Tage einen ganzen Tag frei und die folgende Woche volle 6 Stunden; da kann man doch wohl, ohne Gesetz, dem Dienstboten alle vierzehn Tage einen halben Tag frei gönnen. Dem Dienstpersonal muß es überlassen bleiben, davon Gebrauch zu machen oder nicht. Ein Hauptgrund, daß man kaum Dienstboten findet die längere Jahreszeugnisse haben, liegt darin, daß viele Herrschaften ihr Personal im Sommer, zur Zeit des Landaufenthalts, entlassen, um den Lohn und Unterhalt zu sparen. Diese Tatsache liegt an den Hausfrauen selbst.

Manch Widerspruch von den verehrten Leserinnen wird diese Darstellungen des Verfassers als übertrieben rügen. Allein man bedenke: Das dienende Weib ist meist in einer anderen materielleren Gedankensphäre aufgewachsen als seine Herrin; deshalb wird es auch ein mehr materielleres Entgelt für seine Leistungen beanspruchen, – als der idealer angelegten Gebieterin vielleicht verständlich ist.

Pflichtgefühl ist nicht etwa ein Brivileg der gebildeten Klassen, im Gegenteil, man findet [28] sie überall, wo sie – anerkannt wird. Ein gutes belehrendes Wort zur rechten Zeit, wie das Mitgefühl bei besonderen Anlässen, weckt oft die besten Eigenschaften und schützt vor der Verbitterung, welcher wir so häufig in dienenden Klassen begegnen. Bei Anerkennung der Leistungen tritt dann ein harmonisches Verhältnis zwischen Familie und Dienstboten ein, das von großem Einfluß auf die Behaglichkeit des Familienlebens sein dürfte. Diesem Eindruck wird sich auch der Mann nicht verschließen können. Wie viele, wenn anfänglich auch nur kleinliche Unannehmlichkeiten erwuchsen durch übelwollende, geschwätzige Dienstboten solchen Familien, in denen das glückliche Zusammenleben mit dem Dienstpersonal mangelte.

Die alte gute Zeit könnte schon wieder kommen, wo die Dienstboten mit Verehrung und Liebe an ihrer Herrschaft hingen, freudig und gern ihre Dienstobliegenheiten erfüllten, wenn die Hausfrauen manchen Ratschlag des Autors berücksichtigen würden.


»Die Leute sagen immer,

Die Zeiten werden schlimmer;

Die Zeiten bleiben immer,

Die Menschen werden schlimmer!«


Gewiß ist es von einer Dame ehrenwert, wenn sie sich einem Berufe widmet, wenn aber das Streben nach Tiefe und Gründlichkeit auf [29] allen Gebieten angestrebt wird, wie dies der internationale Frauenkongreß in Berlin gezeigt hat, muß auf die Dauer die Häuslichkeit dabei verloren gehen.

Dem großen Philosophen Kant waren sogenannte gelehrte Weiber in der Seele verhaßt und die meisten Männer schließen sich voll dem großen Denker an. Der sonst als Gesellschafter so liebenswürdige Königsberger Professor konnte ordentlich derb werden, wenn eine Dame absolut ein philosophisches oder politisches Gespräch anknüpfen wollte. Gebildet soll eine Dame sein, aber nicht überbildet und anmaßend in ihren Anschauungen.

Aus irgend welchem triftigen Grunde ist manche junge Dame gezwungen, sich auf eigene Faust durch wissenschaftliche oder ihrer Hände Arbeit das Brot selbst erwerben zu müssen. Unsere heutigen sogenannten höheren Töchter meinen aber, wenn sie nur einen Blick in Schopenhauer oder Nietzsche geworfen haben, sie besäßen schon ein festes Urteil. Sie reden von Frauen-Emanzipation und Welt-Anschauungen, – schwärmen vom freien Ausleben der Persönlichkeit und merken dabei garnicht, wie lächerlich, ja abstoßend sie damit wirken. Der einzige Erfolg dieses törichten Gebahrens ist eine Verallgemeinerung, – unter der – nun auch Damen, die es wirklich ernstlich mit dem [30] Studium meinen, zu leiden haben! Von solchen Individuen wird kein Mann bezaubert sein. Miß Carrey Thomas gab 1904 beim Berliner Frauenkongreß folgende Zahlen der in Amerika studierenden Damen an: »Auf gemischten Kollegs befinden sich 230000 und 5000 Damen besuchen Frauen-Kollegs.«

Von dieser ungeheueren Zahl amerikanischer Studentinnen wird nur ein minimaler Teil etwas besonderes leisten, doch die meisten dieser Damen gehen durch die für solche Geschöpfe unausbleibliche Emanzipation dem eigentlichen Frauenberuf verloren. Dies ist ein großer Jammer.

Ein weiblicher Gymnasiast, der mittleren Klassen, hat keine Zeit, um Haushaltung oder die Kochkunst zu erlernen. Im Laufe des Studiums schwindet mehr und mehr jedes Interesse für weibliche Arbeiten und eine gute Hausfrau wird eine solche Dame nie.

Solange die Welt besteht, hat es nur ganz vereinzelte weibliche Wesen gegeben, welche etwas hervorragendes und bleibendes für die Wissenschaft geleistet haben.

Die Gründlichkeit und Ausdauer der Arbeit eines Mannes besitzen nur ganz wenige Frauen. Selbst diesen aberwird es, trotz aller Energie, gesundheitlich sich immer wiederholend, unmöglich sein, in der Arbeit auszuharren [31] und voll den Beruf auszufüllen. Durchschnittlich fällt auf jede Telephonistin laut statistischer Nachweisung jährlich. 44 Krankheitstage. Dies sind Zahlen, die sprechen und es handelt sich doch nur um eine angeführte Berufsart.

Die weibliche Natur ist nun einmal vom Schöpfer besonders geregelt, denn er bestimmte das Weib zur Gehilfin des Mannes. Darum muß der Beruf als Gattin und Mutter von den Damen angestrebt werden und jeder andere Beruf erst in zweite Linie treten, wenn man überhaupt vor hat, bezaubernd wirken zu wollen.

Aus der Kinderzeit bleibt gewöhnlich das trauliche »Du« bei gleichalterigen Knaben und Mädchen weiter bestehen. Dieses »Du« darf aber keine Veranlassung zu größerer Intimität geben. Manches Herzeleid wird vermieden, wenn die Jungfrau den Jüngling mit einer gewissen Reserve behandelt. Schon betrachtet man das junge Mädchen als erwachsen, wenn der gleichalterige Jüngling noch nicht das Reifezeugnis sich erworben hat. Viele, viele Jahre bedarf er dann noch, um sein Staatsexamen machen zu können, oder sich sonst eine gesicherte Stellung zu erringen. Ehe er aber in der Lage ist, einen eigenen Hausstand [32] gründen zu können, ist das junge Mädchen eine alte Matrone geworden.

Ein gewisser Altersunterschied ist notwendig in einer Ehe.

Ganz gleiche Charaktere sind auf die Dauer nicht gut, denn da endet der Zauber bald. Einen ernst beanlagten Mann erfreut das fröhliche Geplauder einer heiteren Dame, wie dies umgekehrt der Fall sein kann.

Kaum wird es eine Familie geben, wo eine männliche Vertrauensperson fehlt. Diesem Hausfreunde, der fürsorgend bei Abwesenheit des Ehemannes, die Obhut über Weib und Kind übernimmt, darf die Hausfrau nicht weitere Rechte einräumen. Liebenswürdig, zuvorkommend soll die Dame sein, doch wehe, wenn sie die Eifersucht ihres Gatten heraufbeschwört.

Dann steht die Zeitkrankheit der Scheidung hart an der Türe eines solchen Heims.

Gleiche Rechte für Mann und Weib innerhalb der Ehe, dagegen ist kaum etwas einzuwenden.

Und nun zum Schluß Geld und Gut, wodurch auch die Bezauberung für den Mann nur zu häufig eintritt, weil es zum Leben so notwendig ist.

Jeder Mann soll sich wohl überlegen, ob sein Gehalt oder Vermögen mit dem Besitztum [33] seiner Auserwählten so harmoniert, daß es zu einer sorgenfreien Ehe ausreicht. Ist dies der Fall, erst dann trete er der Dame seines Herzens näher mit dem Gedanken, mit ihr eine Ehe zu gründen. Kant hat des öfteren seinen Freunden zur Ehe geraten, wobei er jedoch immer ermahnte, lieber den Gründen der Vernunft, als nur einer leidenschaftlichen Neigung zu folgen. Der Verstand muß bei einer Eheschließung mitsprechen, denn viele Fragen sind außer dem Geldpunkt zu erwägen. Ewig bleiben wir Menschen nicht jung und in der Vollkraft unseres Körpers, darum darf der Zeitpunkt nicht zu weit hinausgeschoben werden. Keine pekuniären Sorgen dürfen ein junges Eheglück zerstören, dennoch findet man täglich in den Zeitungen das Wort wieder eingetreten: »Da trat die Sorge in das Haus, die Liebe flog zum Fenster 'raus.« Verehrung, Zuneigung, Zutrauen, Offenherzigkeit, die Harmonie der Seelen, dies sind Tugenden für die Standhaftigkeit einer Ehe und besser, wie die allein jugendlich aufflammende Liebe. Die Liebe bildet sich von selbst, wenn obige Eigenschaften vorhanden sind.

Wie der Mann, so soll auch das weibliche Wesen vor Eingang einer Ehe den Verstand reden lassen. Ein junges Mädchen, welches ihre Eltern bestimmt, sich und ihren zukünftigen [34] Gatten für die Zukunft sicher zu stellen durch notarielle Ueberweisung der notwendigen Mitgift, wird ihren Bräutigam durch ihre Vernunft bezaubern. Unsagbares Unglück ist dadurch schon entstanden, daß die Mitgift vom eigenen Vater der jungen Frau zu Spekulationen verwendet wurde und verloren ging. In betrügerischer Absicht gemachte Scheinüberweisungen zwecks einer Ehe sind kein seltenes Vorkommnis für die Gerichte. Mann und Frau sollen eins sein. nach Gottes Wort und unwürdig und gewöhnlich ist es, wenn ein Ehegatte dem anderen vorrechnet, daß er die Hauptsumme zur Ehe gegeben habe. Jeder der Ehegatten steuert zum Bunde fürs Leben bei. Die junge Frau bringt dem Manne ihr eigenes Ich wie vorhandene Aussteuer und Vermögen mit. Der Mann stellt seine Verson ein für das Wohl der neu zu gründenden Familie. Sein Name, Titel und Stellung wie die damit verbundenen Einkünfte gehen mit auf die junge Frau über. Auch er stellt sein vorhandenes Hab und Gut zur Verfügung und opfert seine bisherige Freiheit. Seines Mannes Kraft und seine Arbeit gelten dem Familienwohl und glücklich, zufrieden und bezaubert wird er von seinem Frauchen sein, wenn diese dies anerkennt.

Wohlhabenden Damen ist es naturgemäß [35] leichter gemacht zu heiraten, wie solchen Wesen, die in einfachen bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen sind. Den letzteren sagt nun der Verfasser als Schlußwort seiner Abhandlung, daß der größte Teil der unverheirateten Herren, die in mittleren Jahren stehen, sich in Stellungen befinden, durch deren Einnahme sie nicht nur für sich allein ein sorgenfreies Leben führen können, sondern sogar eine Familie gut ernähren.

Bei solcher Art Männer, welche ihre ganze Arbeitskraft für den Unterhalt ihrer Familie einsetzen, ist es dringend am Platze, von dem weiblichen Wesen ihrer Wahl bezaubert zu werden.

Und nun Büchlein wandere hinaus in die Familien und trage dadurch Früchte, daß manche glückliche Ehe entstehe und schließe ich mit Moltkes Worten:

»Um große Erfolge zu erreichen, muß etwas gewagt werden!«


Der Verfasser.


Wie soll ein weibliches Wesen sich benehmen, um einen Mann zu bezaubern

Quelle:
Gontard, O. von, Hauptmann a. D.: Wie soll ein weibliches Wesen sich benehmen, um einen Mann zu bezaubern? München 1904.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Naubert, Benedikte

Die Amtmannin von Hohenweiler

Die Amtmannin von Hohenweiler

Diese Blätter, welche ich unter den geheimen Papieren meiner Frau, Jukunde Haller, gefunden habe, lege ich der Welt vor Augen; nichts davon als die Ueberschriften der Kapitel ist mein Werk, das übrige alles ist aus der Feder meiner Schwiegermutter, der Himmel tröste sie, geflossen. – Wozu doch den Weibern die Kunst zu schreiben nutzen mag? Ihre Thorheiten und die Fehler ihrer Männer zu verewigen? – Ich bedaure meinen seligen Schwiegervater, er mag in guten Händen gewesen seyn! – Mir möchte meine Jukunde mit solchen Dingen kommen. Ein jeder nehme sich das Beste aus diesem Geschreibsel, so wie auch ich gethan habe.

270 Seiten, 13.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.

434 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon