Athanor

[68] Athanor, ist eine Art Ofen, dessen Erfindung wir dem unermüdlichen Fleiße der übrigens gemisleiteten alten Alchemisten zu danken haben. Seine Abbildung habe ich im ersten Theile des Liqueurfabrikanten von Demachy aufgenommen. Es ist ein, gemeiniglich walzenförmiger, am besten nach unten sich etwas erweiternder[68] hohler mit toden Kohlen angefüllter, oben mit einem passenden Deckel verschlossener Thurm von etwa 6 bis 10 Fuß Höhe, 1 und 11/2 bis 2 Fuß Weite von Ziegelsteinen aufgeführt, unten mit zwei einander gegenüber stehenden Oefnungen versehen, wovon eine die freie Luft einläßt, die andre aber die Hitze durch ein Rohr unter eine Destillirgeräthschaft, unter ein Wasser- oder Sandbad u.s.w. ausführt. Gleich über beiden untern Oefnungen liegt ein eiserner Rost, über dem die angezündeten Kohlen brennen, und so wie sie sich verzehren, durch die von oben herab immer von selbst niedersinkenden toden Kohlen ersetzt werden.

Die Oefnung des Aschenherdes, oder die erst gedachte Oefnung wird mit einem Schieber verwahrt, wodurch man den Luftzugang verschiedentlich abändern, und so den Grad der Hitze, den man verlangt, auf viele Stunden, ja Tage lang genau bestimmen kann, ohne indeß viel Aufsicht darüber zu führen.

Man sieht, daß diese Geräthschaft im Großen genau das leistet, was ein Lampenofen im Kleinen thut, und man würde daher bei beträchtlichen Arbeiten, wo man eine immer gleiche, fest bestimmte und sehr anhaltende Hitze oder Wärme braucht, diese nicht allzu kostbare, aber leider vergessene Anstalt sehr bequem finden, bei allmähligen Abdampfungen z.B. gewisser Extrakte, bei großen Destillationen des Weingeistes, des Aethers u.s.w. bei langwierigen Digestionen, bei Krystallisationen solcher Salze, welche eine sehr allmählige Verdampfung der Lauge verlangen, um große Krystalle zu bilden, z.B. des (Kupferessigsalzes) krystallisirten Grünspans, des Borax, des Kandiszuckers u.s.w. bei allmähligen Trocknungen in der Wärmstube (w.s.), bei der Verfertigung des vor sich verkalkten Quecksilbers und andern sehr wichtigen und schwierigen Operationen mehr.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 1. Abt., 1. Teil, Leipzig 1793, S. 68-69.
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