Attichholder

[70] Attichholder, Sambucus ebulus L. [Zorn pl. med. Tab. 40.] mit dreitheiligen unächten Blumenschirmen, und aus neun länglich spitzigen, am Rande gezahnten Blättchen bestehenden Blättern, deren Nebenblätter gezahnt sind, eine an schattigen, feuchten Orten drei bis vier Fuß hochwachsende krautartige Pflanze, mit ausdauernder kriechender Wurzel, welche im Juni und Juli blüht, und deren schwarze Beeren im August und September, doch nur im gemäsigten Europa reifen.

Die weiche, fingerdicke, längliche, weißliche Wurzel (rad. ebuli) hat einen schärflichen, bittern, widrigen Geschmack. In ältern Zeiten brauchte man die ganze Wurzel, in neuern Zeiten aber nur die Rinde der Wurzel (cortex ebuli) als ein stark von oben und unten abführendes, zugleich aber harntreibendes Mittel in der Wassersucht und andern von zähem Schleim und erschlaffter Resorptionskraft der lymphatischen Gefäse herrührenden Krankheiten. Aeusserlich legte man die grüne Rinde auf entzündliche, vorzüglich rosenartige Geschwülste. Man kann diesem heroischen Mittel seine große Kraft nicht absprechen, wenn es mit Behutsamkeit gebraucht wird.

Die noch stärker und widerlicher riechenden Blätter (fol. ebuli) legte man sonst auf rosenartige und wassersüchtige Geschwülste. Sie sind fast blos noch als ein Hausmittel im Gebrauche.

Die nur sehr selten mehr angewendeten Blumen (flor. ebuli) besitzen eine noch stärkere schweißtreibende Kraft als die Blumen des gemeinen oder Schwarzholder.

Man bewahrt noch die getrockneten Beeren (baccae ebuli, grana actes) auf. Die Alten aber (und hie und da noch der gemeine Mann) dickten den Saft derselben zum Rob ebuli ein, welcher nebst den Beeren weit weniger abführt, aber desto mehr auf Harn und Schweiß treibt, und größtentheils nur, so wie die mit Wein aufgegossenen Samen (sem. ebuli) gegen Wassersucht gebraucht worden ist.

Blos bei schwammigen Körpern, und einer nicht zur Entzündung, wenigstens keiner andern als rosenartigen, sich neigenden Natur der Krankheiten können die Theile des Attichholder ohne Schaden ihre große Wirksamkeit äussern.[70]

Der Saft muß bei sehr gelindem Feuer abgedampft werden, wenn er nicht alle seine Kräfte verlieren soll.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 1. Abt., 1. Teil, Leipzig 1793, S. 70-71.
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