Bernstein

[108] Bernstein, (Succinum, Electrum, Carabe) eine bekannte harte zerbrechliche durchsichtige oder durchscheinende Substanz von weißgelblicher bis dunkelrother Farbe, von ebenem glänzendem Bruche, von unmerklichem Geschmacke und geringem Geruche, welche gerieben leichte Körper elektrisch an sich zieht und dann angenehm riecht, noch angenehmer aber, wenn er über Feuer in Fluß geräth, welches bei 550° Fahr. geschieht, oder wenn[108] er angezündet wird, da er dann mit weißlicher Farbe brennt, und einen weißgelben Rauch von sehr lieblichem, erquickendem Geruche verbreitet. Seine spezifische Schwere ist gering 1,065 bis 1,000.

Die meiste Menge Bernstein findet man in Preußen am kurischen und frischen Haffe, wo er gewöhnlich mit kleinen Netzen aus dem Meere gefischt wird. Doch findet man auch vollkommen schönen, obwohl selten, in Alaunflötzgebirgen.

Wasser, Oele und Laugensalze lösen nichts, Weingeist aber sehr wenig davon auf. Von der Wirkung des Aethers ist man noch nicht überzeugt. Blos die Balsame und die Vitriolsäure lösen ihn auf.

Mit verdünnter Salpetersäure gekocht, oder über Feuer bis zur Schwärze geröstet, wird er in Weingeist auflöslich.

Die vornehmsten Produkte von der Destillation des Bernsteins sind Oel und eine eigne Säure, das Bernsteinsalz.

Um beides zu erlangen, legt man in den Reverberirofen eine beschlagene Retorte ein, welche einen weiten kurzen Hals hat, und mit kleinen Abgängen von Bernsteinstücken zum dritten Theile angefüllt ist. Man küttet einen Vorstoß, und an diesen eine recht geräumliche Vorlage an, worin das halbe Gewicht des angewendeten Bernsteins an Wasser vorgeschlagen ist, und verklebt die Fugen bis auf eine kleine Oefnung zur Auslassung der elastischen Dämpfe. Man giebt allmähliges und stufenweise verstärktes Feuer, läßt die Wässerigkeit und das gelbe Oel übergehen, und verstärkt, wenn das saure Salz sich in Blumen anzulegen beginnt, das Feuer immer mehr, bis zuletzt auch das schwarze Oel herüber geht. In dieser letzten Zeit muß das Löchelchen zur Auslassung der Dämpfe oft eröfnet werden.

Man erhält Bernstein Oel, und etwa Bernstein Salz.

Die wässerige Feuchtigkeit in der Vorlage, welche saures Salz aufgelöst enthält, wird durch den Scheidetrichter von dem übergegangenen Bernsteinöle (ol. succini) geschieden, und das Salz daraus durch Abrauchen und Krystallisiren gewonnen. Die groben Oeltheile sondert man am besten davon, wenn es mit drei Theilen kalkfreiem Thone gemischt, nochmals sublimirt wird.

Nach beendigter Destillation bleibt in der Retorte eine braunschwarze löcherige Masse zurück, welche den Namen Colophonium, Caput mortuum succini führt, sich größtentheils in Weingeist auflöst, und zur arzneilichen Bernsteintinktur, so wie auch zu Feuerfirnissen gebraucht wird.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 1. Abt., 1. Teil, Leipzig 1793, S. 108-109.
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