Borax

[144] Borax, ist ein unvollkommnes Neutralsalz, wovon 100 Theile nach Bergmann 17 Theile mineralisches Laugensalz, 34 Theile Sedativsalz und 49 Theile Wasser, nach Kirwan 47 Theile Wasser enthalten.

Wir erhalten ihn gewöhnlich aus Holland in ziemlich großen, harten, wasserhellen Krystallen von ungleich sechseitigen Säulen mit dreiseitigen Endspitzen, von anfangs süßlichem, dann bitterlich schärflichem, laugenhaftem Geschmacke, löset sich in kochendem Wasser sehr häufig auf, bei 50° Keaum. lösen sich in 5 Theilen Wasser 2 Theile Borax, bei 50° Fahrenh. aber wird er erst von 24 Theilen Wasser aufgelöst.

Da er in alten Zeiten von den Venetianern raffinirt ward, so nennt man selbst den holländischen noch Borax veneta.

Er beschlägt weiß an der Luft, macht den Veilchensaft grün, schlägt alle erdige und metallische Mittelsalze nieder, und braußt in einer heißen Auflösung noch mit Säuren. (Ein Quentchen Borax kann noch 68 Gran Sedativsalz aufnehmen, um völlig neutralisirt zu werden.) Alle bekannten Säuren zersetzenden Borax, und scheiden das Sedativsalz in flockigen Krystallen heraus.[144]

In der Hitze blähet er sich stark auf, und verliert 2/5 seines Gewichts an Krystallisationswasser, dann wird er gebrannter Borax (Borax calcinata) genannt. Gewöhnlich verrichtet man dieß in einer eisernen Pfanne über Kohlen, und rührt ihn um, bis er aufhört sich zu blähen, und er zu einem lockern Pulver geworden ist; man läßt ihn dabei nicht zum Glühen kommen.

Läßt man ihn aber glühen, so schmilzt er zu einer Glasperle, die sich aber in Wasser auflöst und unzersetzter Borax ist.

Er wird ausser Holland jetzt noch an mehrern Orten raffinirt (s. Laborant im Großen 2. Th.) wie in Paris von Lecüyer, in Kopenhagen von Günther u.s.w. Alle diese Sorten sind weit reiner als der in Ostindien raffinirte, welcher aus großen flachen Stücken oder Broden besteht; die auf der obern Seite etwas schmutzig, graulich oder gelblich, und aus kleinen länglichten Krystallen zusammengesetzt sind.

Er wird in Europa aus einer Materie Tinkal oder Tinkar (Borax nativa) genannt, raffinirt, welche man in Elephantenhäute oder in Blasen, die dick wie Rindsleder sind, gepackt von ostindischen Schiffen aus dem Königreiche Thibet in Persien bringt, wo sie unter dem Namen Pounxa Mypoun und Huipoun aus dem Grunde einiger Seen herauf geholt und getrocknet wird. Dieser Tinkal oder roher Borax (ein unreines, aber ziemlich vollständig neutralisirtes boraxsaures Minerallaugensalz) besteht aus kleinern und größern Stücken, bis zur Größe einer welschen Nuß; ist mehr oder weniger durchsichtig, gewöhnlich grünlicht, mit einer fetten Erde umbegen, und von ranzigem Geruche, wiewohl es auch reinere krystallinische Stücke darunter giebt.

Man lößt den Tinkal, um ihn zu raffiniren, in kochendem Wasser auf, reinigt die gelbe Lauge durch verschiedne Handgriffe, und setzt bis zum Aufhören des Aufbrausens mineralisches Laugensalz hinzu; die gehörig abgedampfte Lauge wird einer sehr langsamen und allmählig in gelinder Wärme veranstalteten Krystallisation ausgesetzt, um reine große Anschüsse zu erhalten.

Mehr in Künsten als in der Arzneikunst bedient man sich des Boraxes. Man läßt mit einer Auflösung davon die Mundschwämmchen der Kinder bestreichen, und will gute Wirkung davon gesehen haben. Ausserdem dient er noch zur Bereitung des Sedativsalzes, und des leicht auflöslichen Boraxweinsteins. Er könnte die krankhafte Säure der ersten Wege zu verschlucken, mit Nutzen gebraucht werden.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 1. Abt., 1. Teil, Leipzig 1793, S. 144-145.
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