Brechwein

[153] Brechwein (Vinum antimoniale, Vinum emeticum), ein sehr altes Mittel, eine Spiesglanzauflösung in dem sauern Theile eines bestimmten Weines.

In alten Zeiten bereitete man ihn unter dem Namen aqua benedicta Rulandi und vinum benedictum, entweder daß man Spiesglanzglas oder Spiesglanzsafran 24 Stunden mit 32 Theilen weißem Franzweine digerirte, oder nur 12 Stunden mit 16 Theilen dergleichen Weins. Nach Verfluß dieser Zeit wird das Helle des antimonialischen Weins durch Druckpapier geseihet.

Huxhams Spiesglanztinktur ist nur schwächer, sonst nicht verschieden. Er nimmt spanischen weißen Xeres- oder Maderawein 24 Unzen, erwärmt ihn, thut Eine Unze fein gepülvertes Spiesglanzglas dazu, läßt die Mischung 10 bis 12 Tage stehen, rührt sie zuweilen um, und seihet die Flüssigkeit durch Papier.

Auch hier bleibt es, wie bei dem Rulandschen Brechweine, unbestimmt, wie viel sich Spiesglanztheile im Weine aufgelöst haben, weil die verschiednen Jahrwüchse[153] aller Weine und ihre nicht gleichförmige Gährung eine verschiedne Menge Säure in denselben bewirken.

Hiezu kömmt die allgemein bestätigte Beobachtung, daß die Brechweine bei der Aufbewahrung mit der Zeit den größten Theil ihres Spiesglanzgehalts als ein weißes Pulver fallen lassen, und so immer unkräftiger und unzuverlässiger werden.

Man kann es also keinem Arzte verdenken, wenn er statt dieser unsichern Bereitung bei jedesmaliger Erforderniß in jeder Unze spanischem oder französichem Weine drei Gran krystallisirten Brechweinstein auf der Stelle auflösen läßt.

Zehn bis funfzig Tropfen dieser Auflösung, so wie des frischbereiteten Huxhamischen Brechweins, erregen verschiedne Ausleerungen, vorzüglich Schweiß und Harn, eine stärkere Gabe purgiert, und drei bis vier Quentchen bringen starkes Erbrechen hervor.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 1. Abt., 1. Teil, Leipzig 1793, S. 153-154.
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