Essigsalmiak

[271] Essigsalmiak (Sal ammoniacum aceti), oder eigentlicher Ammoniakessigsalz, ist das aus Essigsäure und flüchtigem Laugensalze zusammengesetzte Neutralsalz in trockner Gestalt, nämlich in nadelförmigen Krystallen von stechend süßlichem Geschmacke, welche in[271] der Kälte geruchlos sind, sich in der Wärme leicht verflüchtigen und sehr leicht in Wasser und Weingeist auflösen lassen.

Um es zu bereiten, darf man nur den aus Sodaessigsalz ausgetriebnen Radikalessig ( Essig, entwässerter) mit dem flüchtigen Salmiaksalze (krystallisirten Ammoniaklaugensalze) in trockner Gestalt sorgfältig bis zur Neutralisirung sättigen, die Lauge zur Hälfte im Wasserbade abdampfen, in der Kälte anschießen lassen, die Krystallen an einem trocknen Orte schnell auf Fließpapier trocknen, und in einer erwärmten, mit einem gläsernen Stöpsel verwahrten Flasche aufheben.

Die noch unabgedampfte Lauge giebt den besten Minderersgeist (Spiritus Mindereri), welcher hier von fast immer gleicher Stärke wird. Diese Flüssigkeit ist bis jetzt gebräuchlicher, als das schwieriger zu bereitende trockne Ammoniakessigsalz, war aber oft so unkräftig (aus schwachem destillirten Essige und schwachem Salmiakgeiste zusammengesetzt), daß eine Unze oft nur wenige Gran trocknes Ammoniakessig salz enthielt.

Letzteres läßt sich auch (wie mehrere Scheidekünstler versichern,) durch Sublimazion bereiten, und zwar, wenn man gleiche Theile Sodaessigsalz und Salmiak sehr fein gepülvert mischt, und das Gemisch aus einer Retorte übertreibt, deren langer Hals hinlänglich abgekühlt erhalten wird.

Der Essigsalmiak ist wie seine Auflösung, der Minderersgeist, ein ungemein durchdringendes, Harn und Ausdünstung beförderndes Heilmittel vom ersten Range.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 1. Abt., 1. Teil, Leipzig 1793, S. 271-272.
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