Galläpfel

[328] Galläpfel sind rundliche durch ein Insekt (auf die Art wie unter Cynips quercus folii gezeigt worden) an den Aestchen und Blättern einiger Eichenarten erzeugte Auswüchse.

Die an unsern Eichen ( Loheiche) befindlichen sind völlig rund und sehr leicht; man schatzt sie wenig.

Die besten Sorten sind die in heißen Gegenden in der Levante (Gallae turcicae), vorzüglich um Mozul, 60 Meilen von Aleppo (Gallae de Aleppo) gesammelten, welche grauschwärzlich (die blauen) oder gelbgrünlich, schwer, mit stachlichten Warzen besetzt und inwendig braun sind. Man erhält sie in langen schmalen Päktchen.

Die zweite weißgelbliche Sorte kömmt von Tripoli und Smirna in kurzen, dicken mit streifigem Tuche überzognen Ballen.

Sie scheinen vorzüglich gesammelt zu werden von Quercus Cerris, L. [Du Roi Harbk. Baumz. 2. Tab. 5. Fig. 1.] mit länglichten, leierförmigen, in spitzige Querstücke zertheilten, auf der untern Seite etwas wolligen Blättern, einem niedrigen, oft nur mannshohen Baume, welcher in der Barbarei, in Altkastilien, in Burgund und in Oesterreich auf bergichten Gegenden zu Hause ist; wiewohl man sie auch von Quercus Aegilops, L. [Mill. ic. Tab. 215.] herleitet.

Man bedient sich zwar der Galläpfel heutzutage wenig in der Arzneikunst, aber mit Unrecht.

Sie besitzen den adstringirenden Gewächsstoff in der reinsten und konzentriertesten Gestalt unter allen bekannten Vegetabilien, und haben sich hie und da bei ältern und neuern Aerzten als ein ungemeines Stärkungsmittel der ersten Wege (daher ihre gerühmte Wechselfieber vertreibende Kraft) bei habituellen Blähungskoliken u.s.w., und als konzentrirter Aufguß eingespritzt in den Goldaderknoten sehr heilsam erwiesen. Dem kalten Brande widersteht kein Mittel (nach meinen Erfahrungen) kräftiger als ein konzentrirter Absud der Galläpfel. Zu stärkenden Umschlägen für erschlaffte Theile dienen sie wirksam, z.B. in den Vorfällen des Afters und der Mutterscheide. Was sie als Stärkungsmittel der Harnwege (wie die Alten rühmten) leisten, muß die Erfahrung noch bestätigen. Bei sehr geschwächten Personen ist Behutsamkeit bei ihrem Gebrauche nöthig.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 1. Abt., 2. Teil, Leipzig 1795, S. 328.
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