Glaubersalz

[366] Glaubersalz, eigentlich Sodavitriolsalz (sal mirabile Glauberi), ein in verschiednen Quellen befindliches, hie und da an feuchtem Gemäuer ausblühendes, größtentheils durch Kunst verfertigtes Neutralsalz, welches aus etwa 56 Theilen Wasser, 19 Theilen Vitriolsäure und 25 Theilen mineralischem Laugensalze, zusammengesetzt, in großen, plattgedrückten, sechsseitigen Säulen anschießt (deren zwei breite Seiten lange Sechsecke, die vier schmalen unregelmäßige Vierecke, die Flächen der Endspitzen aber Fünfecke bilden), und einen bittern, kältenden Geschmack besitzt. Bei 120° Reaum. löset es sich in seinem eignen Krystallisationswasser auf, erfordert aber beim Gefrierpunkte auf 20 Theile Wasser zur Auflösung; in trockner Luft zerfällt es zu Staube mit 56 vom Hundert Gewichtsverlust.

Es fällt bei verschiednen officinellen Arbeiten als Nebenprodukt ab, wird jetzt in großer Menge aus dem untersten Theile des Pfannensteins der meisten Kochsalzsiedereien, durch Auslaugen, Eindicken und Anschießen erhalten, und nur in Ermangelung des letztern eigends aus Eisenvitriol und Kochsalz, als den möglichst wohlfeilsten Zuthaten, bereitet.

Zu diesem Ende löset man zwanzig Pfund Kochsalz in sechzig Pfund kochendem Wasser auf, und rührt noch unter die kochende Auflösung dreißig Pfund gepülverten grünen gemeinen Vitriol, so lange bis auch dieser aufgelöst ist. Diese Lauge stellt man in eine Kälte hin, welche, je stärker, je besser ist, wenigstens unter 50° Fahr. Bei Kellerwärme schießt nur wenig an.

Das angeschossene eisenhaltige Glaubersalz läßt man abtröpfeln, spült es mit recht kaltem Wasser ab, löset es in vier Theilen kochendem Wasser auf, setzt fünf bis acht Pfund gelöschten Kalk dazu, bringt die Lauge ins Kochen, und versucht von Zeit zu Zeit, ob das Eisen niedergeschlagen ist (durch Eintröpfelung von etwas Laugensalz in eine Probe davon). Ist die Lauge eisenfrei, so wird sie durchgeseihet, vollends abgedampft und zum Krystallisiren hingestellt.[366]

Die erstere Mutterlauge (Eisenkohlsalz) kann zur Salmiakverfertigung genutzt werden, Salmiak.

Die Auflösung eines vollkommnen Glaubersalzes darf die Lakmustinktur nicht röthen, die durch Säure geröthete Lakmustinktur nicht blau machen, durch eingetröpfeltes Laugensalz sich nicht trüben und auf einem glühenden Eisenbleche kein Prasseln von eingemischtem Kochsalze hören lassen.

Außer seiner Anwendung zur Verfertigung des reinen Sodalaugensalzes dient es in der Arznei als ein sehr wirksames, kühlendes Laxiermittel. An Wirkung und im Geschmacke ist es dem Bittersalze vorzuziehn; schwächt aber die Verdauungswege wenigstens so sehr als andre Laxiersalze. In kleiner Gabe vielem lauwarmem Getränke beigemischt, ist es harntreibend. In Pulver zerfallen, kann es, mit Wasser angefeuchtet, zur Abkühlung der Getränke im Sommer angewendet werden.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 1. Abt., 2. Teil, Leipzig 1795, S. 366-367.
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