Kalkstein

[460] Kalkstein, Marmor vulgatum, Gm. Ein fast undurchsichtiger, dichter Stein, von splitterartigem Gewebe und unscheinbarer Farbe der einfachen uranfänglichen Gebirge, welcher, der ganzen Gattung, die man Kalkerde nennt, den Namen gegeben hat.

Von dem gewöhnlichen Kalkstein macht man keinen arzneilichen Gebrauch, außer daß man ihn in Weißglühefeuer zu gebranntem Kalke (lebendiger, ungelöschter Kalk, Calx viva) kalzinirt, und diesen zur Bereitung einiger Arzneien anwendet. In diesem Zustande hat er etwa die Hälfte seines Gewichts an Wasser und Luftsäure verloren, und eine ätzende Eigenschaft angenommen, deren Natur noch unbekannt ist. Mit Wasser gesättigt schwillt er nun auf, erhitzt sich bis zum Glühen, und zerfällt zu Staube. Dieser gelöschte Kalk, welcher zur Bereitung des kaustischen Salmjakgeistes, des ätzenden Gewächslaugensalzes u.s.w. gebraucht wird, löset sich großen Theils in Wasser auf, in dem unter Kalkerde angegebenen Verhältnisse. Diese Auflösung nennt man Kalkwasser (Aqua calcis vivae), eine Flüssigkeit von süßlicht alkalischem, trocknendem Geschmacke, welche nur sehr genau vor dem Zugange der Luft bewahrt, ihre Wirksamkeit behält.

Das frische, wohlverwahrte Kalkwasser zeigt harntreibende Kräfte und schafft im Harn- und Nierensteine Linderung; ob durch Auflösung des Griesschleimes? Aeußerlich stillt es Entzündungen, trocknet nässende Geschwüre, und benimmt ihnen die übermäßige Empfindlichkeit.

Das Kalköl (liquid Shells, conchae liquidae, ol. Calcis), eine mit Salzsäure gesättigte Kalkerde, erhält man gewöhnlich durch Auflösung des Rückstandes von der Zersetzung des Salmiaks durch gelöschten Kalk (bei Bereitung des ätzenden Salmiakgeistes). Dieses kaum krystallisirbare, leicht zerfließbare, in Weingeist auflösliche Mittelsalz ist von bitterm[460] Geschmacke, und seltnem medizinischem Gebrauche.

Man bedient sich desselben als eines geheimen Mittels gegen den Stein; auch in Wechselfiebern habe ich es mit einigem Nutzen gebraucht. In den Skropheln und gegen Kröpfe ist es empfohlen worden.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 1. Abt., 2. Teil, Leipzig 1795, S. 460-461.
Lizenz: