Konserven

[503] Konserven, oder Kräuterzucker (conservae) nennt man eine Arzneibereitung, wo frische Pflanzentheile, auch wohl animalische Substanzen, in einem steinernen Mörsel mit hölzerner Keule zu einem feinen Brei gestoßen, innig mit Zucker gemischt, und so in gläsernen Gefäßen vor der Verderbnis möglichst aufbewahret werden. Die Wurzeln werden klein geschnitten, die Blätter von den Stielen, und die Blumen von den Kelchen befreit. Zu weniger saftvollen Substanzen setzt man Einen, zu saftreichern bis zwei Theile Zucker am Gewichte. So viel braucht die Rosen-, die Erdrauch-, die Löffelkraut-, die Kellerasselkonserve.

Diese Arzneiform hält sich aber doch nicht lange; sie gähren und werden sauer, oder sie schimmeln. Kaum daß sie drei bis vier Monate unverdorben bleiben. Man giebt den Rath, die Mischung mit Zucker durch ein gelindes Abkochen bis zur Malaxirkonsistenz einzudicken, um eine haltbarere Konserve zu erhalten, aber wenige zur Konserve bestimmten Droquen vertragen diese Hitze, welche weit über den Punkt des siedenden Wassers steigt, ohne Verlust ihrer Kräfte.

Die Pflanzen getrocknet, gepülvert und in verstopften Gläsern aufbewahrt, auf der Stelle zu Konserven zu mischen mit vier Theilen Zucker und etwas Wasser – ist noch ein andrer Rath der Verderbnis auszuweichen. Diese Form ist aber nur eine Latwerge, in Konsistenz und Kräften gar weit von der aus der frischen Substanz bereiteten Konserve verschieden. Durch Trocknen und Pülvern geht z.B. alle Kraft der kreßartigen Pflanzen verloren.

Die Unhaltbarkeit unsrer Konserven liegt unstreitig in der kalten Bereitung, wobei der selbst durch Reiben nicht aufgelösete Zucker die zur Gährung disponirende überschüssige Feuchtigkeit des frischen Pflanzentheils in sich zu nehmen nicht vermögend ist; ganz wider den Sinn der alten Erfinder dieser Arzneiform, welche fortgesetzte Sonnenwärme dazu anwendeten, und so durch innige Auflösung des Zuckers in dem Pflanzensafte eine konsistentere, weniger gährungsfähige Mischung erhielten.[503]

Diese Absicht zu erreichen, darf man nur die breiartig gestoßene Pflanzensubstanz in einen starken steinernen Mörsel schütten, welcher vorher binlänglich lange, bis zur völligen Erhitzung in einem Kessel siedenden Wasser gestanden hat, und das verhältnißmäßige Gewicht (zwei Theile Zucker gegen einen Theil des aus der Pflanze zu pressenden Saftes) zur Tafelkonsistenz gekochten und fein gepülverten (durch feines Haarsieb geschlagenen) Zuckers dazu thun, und in diesem etwa bis 210° Fahr. erhitzten Mörsel das Gemisch einige Zeit, etwa eine halbe Stunde, mit dem hölzernen Pistill reiben, bis der Zucker völlig aufgelöst ist. Die wärme Mischung thut man in Einmachgläser, verbindet sie mit Blase und setzt sie in einen recht trocknen Keller, oder ein vor Sommerhitze und Winterfrost geschütztes Gewölbe. Nun ist, durch den Zucker hinweggenommen, so wenig Feuchtigkeit in der Mischung, daß nicht nur keine Gährung oder Zersetzung entstehen kann, sondern daß so gar in einigen Wochen der Zucker kandirt und theils eine von der Luft undurchdringliche Kruste darüber setzt, theils kleine Zuckerkrystallen an den Fasern der Gewächssubstanz anschießen läßt, und so hält sich die Konserve weit länger als ein Jahr, unversehrt an Geruch, Farbe, Geschmack und Kräften.

Ist man etwas davon benöthigt, so darf es nur in einem Mörsel zerrieben werden, daß alle Zuckerkrystallen verschwinden.

Die dabei angewandte Wärme ist nicht hinreichend, selbst die kreßartigen Pflanzen in ihrer Kraft zu mindern.

Die Kräuter zu den Konserven müssen in trocknem Wette eingesammelt seyn. Die frische Schale der Zitronen und Pomeranzen wird mit einem Reibeisen abgerieben, mit fein gestoßnem Zucker vermischt; und in einer verstopften Flasche etliche Wochen stehen gelassen; denn läßt sich das Gemenge leicht zu einem Breie und auf obige Weise zur haltbaren Konserve bereiten.

Man wendet die Konserven gewöhnlich zur Bereitung der Bissen, Pillen und Opiate an, und sie dienen ihnen zugleich als Wirkung verstärkende Mittel, wenn sie die frische Pflanzensubstanz in allen ihren Kräften aufbewahrt enthalten.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 1. Abt., 2. Teil, Leipzig 1795, S. 503-504.
Lizenz: