Krammetwacholder

[512] Krammetwacholder, Iuniperus communis, L. [Zorn, pl. med. Tab. 178.] mit dreifachen, ausgebreiteten, scharfgespitzten Blättern, welche länger als die Beeren sind, ein Gewächs, welches theils als Strauch auf dürren, bergichten Heiden, theils in Wäldern hoher Berge des nördlichen Europa als Baum vorkömmt und im Mai blüht.

Die runden, erst im zweiten Jahre reifenden Beeren (baccae iuniperi) enthalten unter einem schwarzen Häutchen drei Samen in einem röthlichen, zähen, bitterlichsüßen, harzigen, balsamisch riechendem Marke, welches 1/40 bis 1/32 an ätherischem, gilblichem, leichtem (von 0,945 Schwere nach Spielmann; 0,911 nach Muschenbroek; 0,857 nach Brisson) sehr brennend, feurig und etwas terbenthinartig schmeckendem und riechendem Oele (ol. dest. iuniperi) giebt. Die Beeren erhitzen das Blut, erregen Schweiß, vorzüglich Harn, dienen im Scharbock, und treiben Blähungen. Man dickt den Saft des mit Wasser ausgekochten Markes ein (rhob iuniperi), wozu man füglich auch den Rückstand von der Destillation des Oels nehmen kann, und braucht ihn als Hausmittel zu gleichen Absichten, als die Beeren. Ein daraus gegohrner Wein und ein aus diesem destillirter Brantwein sind in nördlichen Gegenden gemein. Die getrockneten Beeren werden in Krankenstuben der Aermern als Räucherung angewendet, die böse Luft zu verbessern, wie man irrig glaubt.[512]

Das röthliche, wohlriechende Holz (lignum iuniperi) giebt eine noch angenehmere Räucherung, und die Raspelspäne davon (scobs ligni iuniperi) dienen im Absude gegen Hautausschläge, Skorbut, Gicht, Wassersucht, schleimige Engbrüstigkeit, und erweisen sich Harntreibend, und, wie man unschicklich sagt, Blut reinigend. Sie geben 1/120 an ätherischem Oele.

Eine ähnliche Kraft beweisen die Zweigspitzen (summitates s. frondes iuniperi).

Das ätherische Oel (ol. dest. iuniperi) besitzt eine sehr starke Blutumlauf erregende Kraft. Man will äußerlich Gichtschmerzen damit besänftigt und gelähmten Gliedern ihr Leben wieder gegeben haben. Innerlich zu wenigen Tropfen gegeben, soll es Spuhlwürmer tödten und Nachtripper von Schwäche heben. Seine Harn und Schweiß treibende Eigenschaft kann es nur bei phlegmatischen Körpern ohne Nachtheil zeigen.

Das an den Knoten, und zwischen der Schale und dem Holze sich ansetzende, oder aus den nahen Ameisenhaufen gelesene Harz scheint nicht das officinelle Gummi iuniperi oder Sandaracha Arabum zu seyn, eben so wenig als das Harz von dem baumartigen, in Afrika wohnenden Krammetwacholder, sondern vom Sandarachwacholder, w.s.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 1. Abt., 2. Teil, Leipzig 1795, S. 512-513.
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