Nelkenwurzgaraffel

[127] [127] Nelkenwurzgaraffel, Geum urbanum, L. [Zorn, pl. med. tab. 221.] mit aufrechten Blumen, kuglichten, zottigen, und mit nackten, hakenförmigen Grannen besetzten Samen, und gefiederten Blättern, deren Blättchen leierförmig sind, ein etwa zwei Fuß hohes Kraut mit mehrjähriger Wurzel an schattigen ungebauten Stellen, an Zäunen, wo sie im Brachmonate gelb blüht.

Die im März und Aprill von trocknen bergichten Gegenden gesammelte, und an der Luft getrocknete Wurzel (Benediktwurzel, Märzwurzel, Nelkenwurzel, Rad. Caryophyllatae, Gei urbani) ist äußerlich rothbraun, mit vielen Zasern an der Spitze besetzt, innerlich weißlich, von gewürznelkenartigem Geruche und Geschmacke, dem doch viel Herbes und Bittres beigemischt ist. Dieses gewürznelkenähnliche Arom, von dem der größte Theil ihrer Arzneikräfte abzuhängen scheint, ist aber sehr unbedeutend bei der an feuchten niedern Stellen gewachsenen, so wie auch in der bei starker Hitze getrockneten, oder der allzu jungen, größtentheils aus Fasern bestehenden, oder in der Blüthezeit eingesammelten Wurzel. Am besten zieht man sie an trocknen, erhabnen Stellen im Garten, hebt die wenigstens dreijährige Wurzel zur Zeit des Hervorsprossens der ersten Blätter im Frühlingsanfange aus, trocknet die knolligen, von den Fasern gesäuberten, und gespaltenen Stücken an Fäden im schattichten Luftzuge, macht sie auf Sieben über einem warmen Ofen vollends hart, zum Pülvern, und hebt das röthlich weiße Pulver in verkorkten, vorher erwärmten, Gläsern auf.

In dieser Verfassung kann sie zeigen, ob sie die großen, neuerlichen Empfehlungen in Heilung der Wechselfieber, vorzüglich in den mit verhärteten Eingeweiden verbundenen verdiene, wie bei einigen Arten dieser Fieber nicht unwahrscheinlich zu erwarten ist. Ihre geprüfte Magenstärkende Kraft, und ihre besondre Eigenschaft, die saure Gährung zu hindern, kann bei Neigung des Magens zur Säure und bei langsamer Genesung nach akuten Fiebern hülfreich werden. Ihre antiskorbutische Kraft hat sich in nicht wenigen Fällen erprobt. Die Tinktur und das einfache rohe Pulver ist dem Absude und der Latwergenform weit vorzuziehen.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 2. Abt., 1. Teil, Leipzig 1798, S. 127-128.
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