Pareiragrieswurzel

[186] Pareiragrieswurzel, Cissampelos Pareira [Plum. Americ. tab. 93.] mit schildförmigen, mit herzförmigen, mit an der Spitze ausgeschnittenen und mit ganzen Blättern, welche fein behaart sind, ein fünf bis sechs Schuh hohes kletterndes fortwährendes strauchartiges Gewächs im südlichen Amerika, namentlich in Brasilien.

Die holzige, gekrümmte, einen halben bis zwei Zoll dicke und dickere Wurzel (Rad. Pareirae bravae, Butuae), ist mit erhabnen Quer- und Längenrunzeln und Knötchen besetzt, äußerlich, wenn es junge Wurzeln sind, von schwarzgrauer, wenn es ältere sind ganz schwarzer, innerlich von graubrauner oder schmuziggelber Farbe, von anfangs Süßholz ähnlich süßem, nachgehends bitterlichem Geschmacke, und, wenn sie am Feuer erwärmt wird, von einem angenehmen, süßholzähnlichem Geruche. Sie besteht aus lauter holzigen Zasern, deren Zwischenräume mit Mark ausgefüllet sind. Zuerst erhielt sie ihren Ruf in Südamerika, ward hierauf unter den Portugiesen bekannt, dann (1668) in Paris und zu Anfange dieses Jahrhunderts in Deutschland, als ein Steinschleim abführendes, in Nierenkolik, in Geschwüren der Harnwege, in Schleimkrankheiten mehrerer Art, in der Wassersucht und in der Gelbsucht dienliches Mittel, sowohl im Absude als im Pulver.

So sehr man sie aber in ältern Zeiten rühmte, so sehr ist jetzt ihr Ruf gesunken, da man sie verschiedentlich sehr unwirksam fand.

Wie sollte aber auch ihr guter Ruf nicht schwankend geworden seyn, da man eine Menge andrer, ganz verschiedner Wurzeln der ächten Pareirawurzel in neuern Zeiten untergeschoben hat.

So bringt man statt ihrer aus dem französischen Gujane die Wurzel der Abuta rufescens [Aublet, pl. de la Gujane tab. 250.] mit eiförmigen, unten rauchen Blättern in den Handel. Man verkauft statt ihrer eine sogenannte rothe, deren Rinde braun, das Innere aber röthlich ist – eine andre, die äußerlich aschgrau, glatt, innerlich hellgelb und von blos bitterm Geschmacke ist (die Sorte, welche Bergius unkräftig fand) – eine andre äußerlich hellbraune, innerlich gilbliche, von blos bitterm Geschmacke (diejenige, die Spielmannen als Pareira verkauft ward) – eine andre äußerlich braune, innerlich graulich gelbe, an Geschmacke blos bitterliche (diejenige, die van dem Sande vor sich hatte) und so fort.

Wer sollte von so verschiednen Wurzeln eine und dieselbe Wirksamkeit erwarten?

Man wähle die dicksten Wurzeln blos obbeschriebner Art, welche nicht wurmstichig sind, und vermeide andre zu gebrauchen.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 2. Abt., 1. Teil, Leipzig 1798, S. 186.
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