Pferd

[201] Pferd, Equus Caballus, L. mit ungetheiltem Hufe und durchaus behaartem Schweife. Dieses nützliche, in Bessarabien, und der großen Tartarei herdenweise einheimische, gutmüthige, gelehrige, kluge, stolze und schnelle Hausthier lebt von Körnern und Grase, wehrt sich mit den Hinterfüßen, lockt das Weibchen durch Wiehern, wird im Frühlinge brünstig, geht 290 Tage schwanger, erlebt höchstens dreisig Jahr, erhält die Spitzzähne (Haken) im fünften Jahre, ist ohne Gallblase und unfähig, sich zu erbrechen.

Die Stuttenmilch, welche man in Atrophien gerühmt hat, ist doch schwerer als Eselsmilch und nicht so zuckerreich; sie enthält in zwei Pfunden drei Quentchen[201] Rahm, siebenzehn Quentchen Käse, und an festen (salzhaften) Bestandtheilen der Molken neun Quentchen. Die ganz frische Milch wird von den Tartaren und Kalmucken durch Schütteln in ledernen Schläuchen zu einer säuerlich weinartigen Flüssigkeit (Kumys, Tschigan) bereitet, und hieraus ein starker Pferdemilchbranntwein (Ariki, Arjän) von ihnen destillirt.

Daß die Alten der Pferdgeilen (equi testes) zur Abtreibung der Nachgeburt und gegen Kolik, der Hufe zur Räucherung gegen Hysterie und Goldaderknoten, der in den Därmen und der Blase zuweilen gefundenen Steine (Hippolithi) und des Pferdemistes in einer Menge Krankheiten entgegengesetzter Art sich bedient, und den Kammfette (axungia e collo equi) eine sonderliche zertheilende und schmeidigende Eigenschaft beigelegt haben, zeugt von ihrem geringen Ekel und ihrer Leichtgläubigkeit.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 2. Abt., 1. Teil, Leipzig 1798, S. 201-202.
Lizenz: