Sabadillnießwurzel

[85] Sabadillnießwurzel, Veratrum Sabidilla. L. mit einfacher ährenartiger Blüthentraube, deren gestielte schwankende Blumen an der einen Seite herab stehen, eine im Spanischen Amerika, vorzüglich in Mexiko wohnende noch sehr unbekannte Pflanze.

Wie wir die Samen (Sem. Sabadillae, Sabadilli) erhalten, sind sie mit Blumenblättern, Stengeln, auch Stücken Schalen vermischt von den zu drei zusammengewachsenen, strohfarbenen halbzolllangen Fruchtkapseln, in deren jeder zwei Samen liegen, welche hart, äußerlich von dunkelbrauner Farbe, etwas runzlicht, mit einem eigenen Häutchen umkleidet, inwendig weißlicht von länglichter Gestalt, an der einen Seite etwas platt, mit einem scharfen Rande versehen, und an dem einen Ende stumpf, an dem andern aber spitz sind. Die Kapseln haben nur einen bitterlichen Geschmack und sind unkräftig, die Samen hingegen besitzen zwar keinen Geruch, aber einen sehr brennenden, ekelhaft bittern Geschmack, unter welchem bei längerm Kauen etwas süßlichtes sich einmischt; er hält mehrere Stunden lang im Munde an, und verbreitet sich wie mit Nadelstichen allmählich über Zahnfleisch und Lippen, unter häufigem Zufluß von Speichel.

Dieser erst in unserm Jahrhunderte bekannt gewordne Samen ist lange bloß äußerlich in Pulver auf die Haare oder in die Kleider gestreut worden, um die Läuse zu tilgen; worin es ungemein kräftig ist. Innerlich bringt es Magenbrennen und Erbrechen hervor, tödet auch wohl unter Zuckungen. Indessen hat man dieses Pulver gegen Spulwürmer und gegen Bandwürmer (sogar die Taenia Solium) innerlich mit Erfolg gegeben, selbst zum halben Quentchen auf die Gabe, (die aber zur Hälfte aus den unkräftigen Samenkapseln bestand). Der vierte Theil wird schon eine sehr starke Gabe seyn, wenn man, wie billig, die reinen ausgelesenen Samen frisch gepülvert dazu nimmt. Der gepülverte Samen verliert, wie man allgemein versichert, seine Kraft bald; doch hält er sich in wohl verstopften Gläsern Jahre lang kräftig, wie ich versichern kann. Er erregt starkes Niesen. Man hüte sich vor der Verfälschung des Pulvers mit Pfeffer oder Petersilgensamen.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 2. Abt., 2. Teil, Leipzig 1799, S. 85.
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