Schwarzholder

[175] Schwarzholder, Sambucus nigra, L. [Zorn, pl. med. tab. 334.] mit fünftheiligen Afterschirmen, baumartigem Stamme, und gefiederten Blättern, deren Blättchen ziemlich einförmig und sägeartig gezahnt sind, ein niedrer Baum in Zäunen und an schattigen Miststäten, welcher im Juny weiß blüht.

Der gebräuchlichste Theil, die Blüthen (Flores Sambuci) haben einen starken, nicht völlig unangenehmen Geruch, und ihre Kräfte gehen bei der Destillation mit Wasser nebst einem kleinen Theile butterartigen, ätherischen Oels über. Im Aufgusse pflegt man sie gegen sogenannte Verkältungskrankheiten, im Rothlauf, zögernden Hautausschlägen und zögerndem Brustauswurfe zu verordnen, wobei sie nicht selten Schweiß erregen, ohne die Hitze zu erhöhen. Im Rothlauf und mehrern Geschwülsten legt man sie, von Stielen gereinigt, äußerlich trocken auf.

Die schwarzen, süßlicht säuerlich schmeckenden, aber bei häufigerm Genusse dem Magen widerstehenden Beeren (Baccae Sambuci, trocken aber Grana Actes genannt), öfnenden Leib und geben, wenn ihr Saft aus recht frischen Beeren (sie gehen schnell in Verderbniß über) ausgepreßt, und über sehr gelindem Feuer unter stetem Umrühren abgedunstet worden, das lieblich schmeckende Fliedermus (Rhob Sambuci), welches der Apotheker nie von Landleuten kaufen, sondern immer selbst verfertigen muß, um ein von Kupfertheilen freies, unbränzlichtes und kräftiges Produkt zu erhalten, welches dann auch beim Gebrauch die Ausdünstung zu befördern und den Leib zu eröfnen pflegt, und wie man behauptet in den Uebeln, wogegen die Blüthen dienlich erachtet werden, so wie auch im hitzigen Rheumatism und bei der Bräune[175] dienlich seyn soll. Der gemeine Mann braucht es als Hausmittel in fast allen ihm zustoßenden Krankheiten. Rechtschaffene Apotheker auf kleinen Orten können es leicht in Menge zum Behufe der Apotheker in großen Städten verfertigen.

Das aus den kleinen Samen in den Beeren gepreßte, eben nicht häufig officinelle Oel (Ol. ex arillis Sambuci) dessen die Samen etwa ein Achtel ihres Gewichts geben, ist grün, dicklich und von widrigem Hollundergeruche und Geschmacke. Wenn es gut und ohne viel Hitze ausgepreßt worden, so führt es schon in der Gabe eines Eßlöffels von unten ab.

In ältern Zeiten hat man sich der innern, vom Holze abgeschabten grünen Rinde (Cort. medianus, s. interior Sambuci) arzneilich gegen Wassersuchten bedient, vorzüglich des frischen Saftes daraus. Man verfuhr aber dabei so empirisch und roh, daß diese Kur auf Leben und Tod, nun blos der Hausmittelpraxis auf dem Lande überlassen worden ist, so wie der Genuß der jungen Blattknospen im Frühlinge mit Essig und Oel, ebenfalls gegen Wassersuchten.

Ueberhaupt herrscht noch große Dunkelheit über die wahre Wirkungsart und Bestimmung des so kräftigen Schwarzholders und seiner Theile. Auch die Aerzte bedienen sich derselben noch in vielen Fällen blos empirisch, ohne deutliche Bestimmungsgründe, und in schwankenden Gaben.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 2. Abt., 2. Teil, Leipzig 1799, S. 175-176.
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