Schwefelwasser

[188] Schwefelwasser (aquae minerales hepaticae, sulphureae) sind gewöhnlich warme, zuweilen heiße, selten kalte Quellen zum Baden, wovon die in Achen, Töplitz, Großen-Nenndorf, Baden in Durlach, Gastein, Limmer, Hirschberg, Wolkenstein, Baden bei Wien, u.s.w. bei uns die bekanntesten sind, und, ausser Salzen, aufgelösete hepatische Luft in Auflösung enthalten in größerer oder geringerer Menge. In langwierigen Hautausschlägen, in den Zufällen von vermeintlich zurückgetriebenen Hautausschlägen, in Folgen vom Quecksilber- Blei- und Arsenikgifte, auch, wie man versichert, in Drüsenverhärtungen, und der erblichen Anlage zur Gicht sollen sie große Dienste leisten.

Da die Reise zu dergleichen natürlichen Bädern aus verschiednen Gründen zuweilen unmöglich ist, so muß der Apotheker dergleichen zu bereiten wissen. Hier kömmt es fast gar nicht auf die Nachahmung der in diesen Wassern oft zufällig vorfindlichen, höchst verschiednen Salze an, da der arzneilichste Theil in ihnen, den man sucht, immer nur die Schwefelleberluft ist.

Zu dieser Absicht löset man daher in 300 Civilpfunden heißem Wasser durch Umrühren zwei Pfund fein gepülverte Weinsteinkrystallen, (wenn man auf Wohlfeilheit sieht, satt des Weinsteins anderthalb Pfund gepülverten Alaun) auf, schüttet, wenn die Temperatur des Wassers bis zu 100° Fahr. abgekühlt ist, zwei Pfund feingepülverte kalkerdige Schwefelleber (aus acht Theilen gepülvertem, ungebranntem Gyps mit Einem Theile feinem Holzkohlenpulver gemischt und in einem Schmelztiegel zehn Minuten lang im Weißglühen zur weißgrauen oder weißen Farbe kalzinirt, bereitet) hinein, und rührt das Pulver unter das Wasser so lange tüchtig herum bis die Temperatur des Wassers auf 98° bis 96° Fahr. oder so weit der Arzt will, abgekühlt ist, worauf der Kranke sich darin so lange badet, als der Arzt verordnet.

Diese Vorschrift giebt eins der stärksten künstlichen Schwefelbäder. Man kann es durch Verminderung[188] der Ingredienzen schwächen.

Da ein solches künstliche Bad mit gutem Bedachte fast gar keine aufgelöseten Salze, und fast blos hepatische Luft enthält, einige Aerzte aber doch die unwesentlichen Salze der natürlichen darin wünschen könnten, so wird der Apotheker die in dem nachzuahmenden Schwefelwasser (z.B. den Töpelitzer) befindlichen Salze leicht aus K.A. Hoffmann's Taschenbuch für Brunnenfreunde ersehen, und wenn das Schwefelbad nach obiger Anleitung fertig ist, sie ohne viel Mühe dazu setzen und darin auflösen können.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 2. Abt., 2. Teil, Leipzig 1799, S. 188-189.
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