Tausendschönmasliebe

[309] Tausendschönmasliebe, Bellis perennis, L. [Zorn, pl. med. tab. 55] mit blätterlosem Blumenschafte, ein ganz niedriges Kraut mit mehrjähriger Wurzel auf Wiesen, Weiden und in Obstgärten, welches zeitig im Frühlinge und im Herbste Blumen mit weißen oder röthlichen Strahlen trägt.

Die auf der Erde ausgebreiteten, fleischigen, vorne rundlichen, sägeartig gezahnten, fast unmerklich schärflich schmeckenden Blätter, und die ganz geschmacklosen Blumen (Fol. Flor. Bellidis minoris, Symphyti minimi) sind beide geruchlos. So wenig sie Arzneikräfte den sinnlichen Eigenschaften nach versprechen, so hat man ihnen doch, vorzüglich den Blättern, so vielfältig und ernstlich die Eigenschaft innere Blutstockungen zu zertheilen, und in tiefen Brustwunden und bei Anlage zur Lungensucht (durch kalten Trunk bei erhitztem Körper zugezogen) hülfreich zu seyn, nachgerühmt, daß[309] man billig Anstand nimmt, ein absprechendes Urtheil über sie zu fällen. Was sie im Keichhusten, in Lungenentzündung, und wahrer Lungeneiterung leisten können, ist eben so unentschieden. Man gab den frisch ausgepreßten Saft, oder das frisch zerquetschte Kraut in Fleischbrühe gekocht. Die Verdunkelung der Augen, die die Alten mit dem eingetröpfelten frischen Safte to gewiß zu heilen sich rühmten, war wohl (ungeachtet sie sich dieses Worts bedienen) kein Staar, sondern wahrscheinlich eine Verdunkelung der Hornhaut.

Des Pulvers bedienten sich die Alten selten.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 2. Abt., 2. Teil, Leipzig 1799, S. 309-310.
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