Traubengänsefuß

[330] Traubengänsefuß, Chenopodium Botrys, L. [Zorn, pl. med. tab. 225] mit länglichten ausgeschweiften Blättern, und blätterlosen, vieltheiligen Blumentrauben, ein fußhohes, sowohl im wärmern Europa als auch im temperirten Deutschland, in Schlesien, Kärnthen, Bayern und Tyrol auf sandigem Boden einheimisches Sommergewächs, welches in sandigen Gärten wuchert und im August blüht.

Das klebrig anzufühlende Kraut (Hb. Botryos, vulgaris) hat einen besondern balsamischen, Kopf einnehmenden, auch wohl Trunkenheit erregenden Geruch, und einen dem ähnlichen, aromatischbitterlichen Geschmack; es läßt diesen Geruch und Geschmack in der Destillation mit dem Wasser übergehen, welches dann 1/320 ätherisches Oel enthält von zum Theil flüssiger, zum Theil talgartig erhärtender Beschaffenheit. Beim Trocknen behält das Kraut seine Kraft größtentheils. Der Dicksaft enthält krystallinischen Salpeter.

Man hat wenig Gebrauch von diesem Kraute gemacht, ob es gleich viel Arzneikraft zu haben scheint. Hie und da im katarrhalischen Husten, in der schleimigen Engbrüstigkeit, und der geschwürigen Lungensucht hat man es gerühmt, so wie nicht weniger in Hysterie, (krampfartiger?) Verhaltung der Monatzeit und in der blähungsartigen Auftreibung der Hypochondrien bei Kindern (dem sogenannten Anwachsen). Das zwischen Kleider gelegte Kraut soll dieselben vor Motten bewahren.

Der stark riechende Samen (Sem. Botryos, vulgaris) ist wurmtreibend befunden worden.

Hie und da haben, wo der Traubengänsefuß nicht leicht zu bekommen war, die Apotheker den Ambergänsefuß untergeschoben; sehr unrecht, da kein Kraut genau die Kräfte des andern besitzt, und es immer strafbar für den Apotheker bleibt, durch ein quid pro quo irgend einer Art den Absichten des Arztes vorgreifen zu wollen.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 2. Abt., 2. Teil, Leipzig 1799, S. 330.
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