Virginienhohlwurzel

[356] Virginienhohlwurzel, Aristolochia Serpentaria, L. [Happe, botan. pharm. tab. 10] mit länglicht herzförmigen, platten Blättern, rundlichen, schwachen, gewundenen Stengeln und einzelnen Blüthen; ein niedriges Kraut mit mehrjähriger Wurzel in Virginien, Pensylvanien und Carolina einheimisch, dessen Blüthen gelb, an der Lippe aber dunkelroth sind.

Die Wurzel (Rad. Serpentariae virginianae) besteht aus vielen, leichten, durch einander geflochtnen, dünnen etlichen Zoll langen Fasern, die aus einem kleinen knotigen Knöpfchen entspringen, von äusserlich bräunlicht grüner, innerlich weißlichter Farbe, einem zwischen Kampher, Zittwerwurzel und Baldrian inne stehendem Geruche und ähnlichem stechend aromatischem, erwärmend bitterlichem, anhaltendem Geschmacke. Sie läßt in der Destillation mit Wasser etwas ätherisches mit übergehen, zeigt aber fast gar keine adstringirenden Theile mit Eisenvitriol. Ihre Arzneikräfte gehen fast gänzlich durchs Kochen verloren. Daß sie erhitze, will man allgemein behaupten, daß sie aber fäulnißwidrig sei, hat man mehr nach Versuchen ausser dem Körper abgenommen, als durch Beobachtungen im lebenden menschlichen Körper bewiesen. Man hält sie für dienlich in schleichenden Nervenfiebern, in den lezten Zeiträumen der Petechienfieber und einigen (noch unbestimmten Arten) von Wechselfiebern. Man hat sie aber so übermäsig häufig gebraucht oder vielmehr so allgemein, mit andern starkwirkenden Mitteln vermischt, gemisbraucht, daß man wenig eigenthümliches von ihrer Wirkungsart gesehen hat Schlangenwurzel mit China versetzt ist fast überall in jeden Praktikers Munde. Sicher ist es, daß sie leicht Schweiß erregt; sicher ist es, daß man sie bei den Folgen des Bisses einer der giftigsten Schlangen in Amerika der Boicininga (des Crotalus horridus?) hülfreich gefunden hat. Einige Alten wollen sie auch in der Wasserschen vom Bisse toller Hunde anpreißen. Daß sie in der Bleichsucht[356] und gegen Eingeweidewürmer nicht ohne Nutzen sei, ist wahrscheinlich. Zuverlässig ist es, daß diese Wurzel sehr viel verspricht und eben so viel leisten wird, wenn dereinst ihre eigenthümlichen Wirkungen durch genaue Beobachter werden ins Licht gesetzt seyn.

Ihre trügliche Vermischung mit Wurzeln von Asarum virginicum, L. erkennt man an der Schwärze der leztern und ihrer abweichenden Gestalt. Man wählt die möglichst starkriechenden, und, da gewöhnlich noch Reste von Stengeln und Blättern der Pflanze daran hängen, diejenigen, an denen leztere noch etwas grün sind.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 2. Abt., 2. Teil, Leipzig 1799, S. 356-357.
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