Vogelkirsche

[370] Vogelkirsche, Prunus avium, L. [Blackw. herb. tab. 425] mit stiellosen Blumenschirmen und ovallanzetförmigen, unten feinwolligen, zusammengefaltenen Blättern; ein ansehnlicher Baum im kältern Europa in Wäldern, welcher im Maiweiß blüht.

Die schwarzrothen, sehr süßen Beeren (Cerasa nigra) welche eine angenehme Speiße für Vögel und Kinder, dienten für die Apotheke ehedem zur Bereitung des Kirschwassers (Aqua cerasorum nigrorum), indem man die frischen mit den Kernen zerstoßenen[370] Beeren (und etwas Wasser) zur Destillation einsetzte. Seine Arzneikraft beruht blos auf dem Bittermandelstoffe der Kerne, welcher mit dem Wasser übergeht. Jetzt pflegt man billig blos die zerstampften Kerne verschiedner Arten Kirschen zur Bereitung dieses Wassers zu nehmen; er wird aber von abweichender Stärke verfertigt, daß man es nicht wohl als Arzneimittel brauchen kann, während es auf der andern Seite auch nicht für so unschuldig als ein andres einfaches destillirtes Wasser anzusehen ist, vorzüglich für Kinder, bei denen es oft gemisbraucht wird. Man hält es für herzstärkend und im Schwindel, in Lähmung (der Zunge und Sprachorgane, u.s.w.) und der Eklampsie der Kinder dienlich.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 2. Abt., 2. Teil, Leipzig 1799, S. 370-371.
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