Weißsandel

[431] Weißsandel, Santalum album, L. [Breynii, Icon. tab. 5. f. 1.] ein in Ostindien, vorzüglich auf Solor, Siam und Timor wohnender großer Baum mit dunkelblauer Blüthe, dessen Stammholz gewöhnlich in großen Scheiten zu uns kommt, dessen Holz (gelbes Sandelholz, Santalum citrinum) hart, schwer, in Längenfasern theilbar, etwas glänzend und von rostartig gelber auch bleichgelber Farbe ist, von duftendem, hängen bleibendem, zwischen dem urinartigen und ambraähnlichen inne stehendem Geruche, und gelind aromatischem, den Mund mit einer eignen Schärfe erfüllendem Geschmacke. Es giebt in der wässerigen Destillation 1/64 seines Gewichtes eines gilblichen, in Wasser niddersinkenden, nach Ambra wohlriechenden, in der Kälte butterartig gerinnenden ätherischen Oels.

Das weiße Sandelholz (Santalum album) welches einen weit geringern Geruch und Geschmack, aber größere Festigkeit hat, scheint, der sichersten Meinung nach, der äussere Theil des Stammholzes desselben Baums, oder der Splint desselben zu seyn; Andre behaupten, es komme von einem ähnlichen, im Aeussern kaum unterscheidbaren Baume.

Da die Alten nicht nur diese beiden Sorten, sondern auch das rothe Holz der Sandelflügelfrucht (w.s.) (das rothe sogenannte Sandelholz) fast immer nur zusammen, unter dem Nahmen der Sandelhölzer brauchten, so läßt sich von ihnen kein ächtes Urtheil über die besondere Arzneikraft des gelben Sandelholzes erwarten. Das einzige, was sie mit Wahrscheinlichkeit glaubten, war, daß es Schweiß treibe; die etwanige stärkende, und blutstillende Kraft aber scheinen ihre Sandelholztränke von dem rothen entlehnt zu haben. Ausserdem will man beobachtet[431] haben, daß das gelbe Sandelholz in epidemischen Schweißfiebern und in der Wassersucht hülfreich sei.

Daß es nicht ohne besondre und wirksame Arzneikraft sei (wiewohl wir sie gar nicht genau kennen), zeigt der Umstand, daß die Arbeiter, welche das Sandelholz fällen, gewöhnlich mit einer Art hitzigem Fieber mit Verstandesverwirrung befallen werden, wahrscheinlich von dem giftigen Dunste des zerkleinten Holzes, und der eigne, seiner entfernten Lieblichkeit ungeachtet ziemlich verdächtige Geruch. Es sollte also fortan niemand so unbesonnen seyn, das gelbe Sandelholz in Holztränken so unbedingt und sorglos zu verordnen.

Da das Holz von Weißplümier, nämlich das Zitronholz oder bois de jasmin (w.s.) zuweilen mit dem gelben Sandelholze verwechselt werden kann, so muß man wissen, daß ausser dem verschiednen Geruche ersteres nicht so wie lezteres in gerade Stäbe oder Breterchen spaltet, sondern aus verworrenen Fasern bestehet und die Eigenheit besitzt, angezündet wie ein Licht fortzubrennen.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 2. Abt., 2. Teil, Leipzig 1799, S. 431-432.
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