Zichoriwegwart

[473] Zichoriwegwart, Cichorium Intybus, L. [Zorn, pl. med. tab. 37] mit zu zwei beisammensitzenden, stiellosen Blumen und dunkelgrünen Blättern, welche in zerrissene Queerstücke getheilt sind, ein an Ackerrainen und an steinichten, hüglichten Wegen wohnendes, etwa zwei bis drei Fuß hohes Kraut mit mehrjähriger Wurzel, welches in unsern Gärten und Gemüßäckern auf lockerm Boden zu ökonomischem Gebrauche gebauet wird, aber daselbst zur zweijährigen weit höhern und größern Pflanze ausgeartet ist, deren hellgrüne Blätter nicht tief zertheilt und fast nur gezahnt sind und nebst der weißen, oft armsdicken Wurzel nur wenig Bitterkeit besitzen. Der wilde, wie der zahme Zichoriwegwart trägt im July und August Blumen, welche aus himmelblauen, gezüngelten Blümchen zusammengesetzt sind.

Man hat die im ersten Jahre im Herbst gesammelte, fingerdicke, äusserlich bräunliche, innerlich weißmarkige, mit einer sehr bittern Milch angefüllte, wilde Wurzel (Rad. Cichorii sylvestris) für sehr dienlich in Leberverstopfung, Gelbsucht und Hypochondrie gehalten; man schreibt ihr zugleich eine kühlende Kraft zu. Auch in Blutflüssen will man sie dienlich gefunden haben, so wie in leukophlegmatischen Kachexien, und in Gallkrankheiten. Doch scheinen diese Lobsprüche noch Spuren nicht unterscheidender Empirie an sich zu tragen.

Die wenig bittre, weiße, dicke Wurzel des in Gärten gezognen Zichoriwegwarts (Rad. Cichorii sativi) wird gekocht, zerschnitten und erkaltet, mit Essig und Oel zu Sallat gebraucht, so wie die im Garten zusammengebundenen oder mit Erde überdeckten, oder an der den Winter über im Keller im Sande aufgehobnen Wurzel sitzenden, weißen (gelblichten) Blätter dieser Pflanze ebenfalls als Sallat dienen. Sonst giebt das zahme Zichorikraut eins der besten Fütterungen für milchende Kühe, und die zahme Wurzel ist getrocknet, zerschnitten, in der Kaffeetrommel geröstet, und noch warm gemahlen als ein nicht jedem Gaumen behagendes Kaffeesurrogat nun zum ansehnlichen Handelsartikel geworden, von noch unbestimmtem Einflusse auf die menschliche Gesundheit. Die geröstete, noch warme, frisch gemahlene Wurzel ist, in brennbare Hüllen eingewickelt, der Selbstentzündung leicht unterworfen.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 2. Abt., 2. Teil, Leipzig 1799, S. 473.
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