Zink

[478] Zink, (Spiauter, Zincum) ein bläulicht weißglänzendes, sehr zähes, und unter dem Streckwerke sehr dehnbares Metall, je nach seiner Reinigkeit von 6,862 bis 7,291 spezifischem Gewichte, vor dem Glühen, bei kaum 700° Fahr. schmelzlich, und in verschlossenen Gefäßen sublimirbar. Blos bis nahe an das Schmelzen erhitzt, wird es so spröde, daß es sich pülvern läßt; es rostet fast nie, zersetzet sich unter Wasser allmählich unter Ausstoßung brennbarer Luft, und läßt sich von allen Säuren, auch vom milden Ammoniaklaugensalze auflösen. Es schlägt Eisen aus seinen Auflösungen metallisch nieder, verbindet sich aber im Flusse mit ihm nur äusserst schwer. Mit Schwefel, Wismuth und Nickel verbindet es sich gar nicht; am leichtesten mit Gold und Kupfer (Messing, Tomback).

Erhält man den Zink, bis zum Glühen erhitzt, in offenen Gefäßen schmelzend, so überzieht sich seine Oberfläche immerdar mit einem grauen unvollkommenen, leicht zu reduzirenden Zinkkalke, der Zinkasche (cinis Zinci), welche, bis zu Ende gesammelt, 17 Prozent gegen den metallischen Zink zugenommen hat.

Man verfertigt aber zu arzneilichen Absichten einen vollkommenern Zinkkalk, wenn man einen sehr großen Schmelztiegel oben in[478] die Mündung eines wohlziehenden Windofens, aber schräg und dergestalt mit der einen Seite seines Fußes zwischen die glühenden Kohlen stellt, daß der weite Theil des Tiegels schief über dem Ofen hervor rage. Ist hierin der eingelegte Zink geschmolzen, so erhitze man ihn schnell bis zum Anfange des Weißglühens, und berühre dann die Haut, die sich über das Metall gezogen hat, mit einem eisernen Spatel. Alsbald wird sich der Zink mit einer blendenden Flamme entzünden und mit einem Kopf einnehmenden Dunste einen dicken, weißen Rauch verbreiten, der sich innerhalb des Schmelztiegels in Gestalt weißer, spinnwebenartig leichter Flocken anlegt, die man mit einen Löffel herausnimmt, dessen Muschel von Draht geflochten ist. Der unter dem Ueberzuge von Metallkalke wieder verlöschte Zink wird abermahls mit dem Spatel berührt, unter gleichem Erfolge des Entzündens und Anlegens der Blumen in dem offenen Tiegel, und mit dieser Arbeit unter gemäsigtem Feuer fortgefahren, bis der Zink gänzlich zu weißem, lockerm, Kalke verbrannt ist, dem man den Nahmen Zinkblumen (Flores Zinci, Calx Zinci) beilegt. Die dabei selbst in dem Arbeitsorte herumfliegenden, leichtesten Zinkblumen hat das Alterthum philosophische Wolle (lana philosophica) genannt. Sie sind von gleicher Natur mit erstern. Man verwahrt die Zinkblumen in verstopften Gläsern.

Die Zinkblumen haben 25 Prozent Gewichtszunahme erhalten, und sind gänzlich feuerfest. Bei jedem Glühen erscheinen sie von gelber Farbe, und werden erst beim Erkalten ganz weiß; sie lösen sich leicht in allen Säuern auf, und lassen sich unter Kohlenstaub, wiewohl schwerer als die Zinkasche zu metallischem Zinke wieder herstellen.

Wenn sich noch graue Theile unter den verfertigten Zinkblumen befinden, so müssen sie gepülvert und durch Schlämmen von dem leichter niedersinkenden, grauen, unvollkommenen Zinkkalke geschieden werden; unter Präpariren.

Zur Bereitung der Zinkblume muß der reinste Zink genommen worden. Wir haben nur zwei Sorten dieses Metalls im Handel, den ostindischen oder vielmehr chinesischen, und den goslarischen. Der ostindische, – auch wohl (zweideutig) Tutanego genannt, ist von größerm spezifischem Gewichte und grobwürflichtem Bruch, kömmt in länglicht viereckigen Blöcken von 18 bis 20 Pfund, auch von 40 Pfund Schwere zu uns, ist wohlfeiler und wird für den reinsten gehalten, da er kaum ein halbes Prozent Blei bei sich führt. Seine Gewinnungsart ist uns unbekannt. Der goslarische wird als ein Nebenprodukt beim Schmelzen des sogenannten Rammelsberger (Blei- und Silber-) Erzes durch eine Art lateraler Destillation an der dünnern (kühlern) Vorwand des hohen Ofens gewonnen, ist theurer, spezifisch leichter, von strahlig blätterigem Bruche und kömmt in den Handel in unförmlich runden Kuchen mit dem braunschweiger Pferde gestempelt,[479] jeder von 3 bis 8 Pfund am Gewichte. Er soll mehr Blei als der ostindische bei sich führen. Man räth den ostindischen vorzuziehen zur Bereitung der Zinkpräparate. Wenn indessen ganz gereinigter Zink (Zincum depuratum) verlangt wird, so kann er, vorausgesetzt, daß der metallische Zink von Schwefelleber nicht aufgelöset wird, auf keine Art vollkommener gereinigt werden, als wenn man ihn gekörnt und mit einem Zehntel laugensalziger Schwefelleber vermischt, aus einer irdenen Retorte übertreibt.

Da die Zinkblumen der einzige Kalk dieses Metalles ist, den man innerlich verordnet, so muß man von ihrer Reinheit überzeugt seyn. Man glühet sie und läßt sie wieder erkalten, da dann die in der Hitze entstandene gelbe Farbe wieder verschwinden muß, wenn sie kein Eisen enthielten. Man löset sie in Salpetersäure bis zur Sättigung auf, gießt in die filtrirte Flüssigkeit (um einen etwanigen Bleigehalt zu entdecken) eine gesättigte Kochsalzauflösung, und fährt, wenn eine Weißtrübung entsteht, fort, sie hinzuzugießen, bis kein weißer Bodensatz (Hornblei) mehr niederfällt. Die darüber stehende, klar filtrirte Flüssigkeit wird, mit Glaubersalz versetzt, durch einen entstehenden weißen Niederschlag (Gyps) die Verfälschung mit Kalkerde, Kreide, u.s.w. zu erkennen geben. Wollen sich die Zinkblumen nicht völlig in kalter Salpetersäure auflösen, so kann der Rest auf weißen Thon probirt werden. Frisch bereitete Zinkblumen brausen nicht mit Säuren, eben so wenig die in verstopften Gläsern aufgehobnen; und findet man brausende, so sehe man (nach obiger Probe) zu, ob sie nicht etwa Kalkerde enthalten.

Man hat die Zinkblumen in destillirten Wasser und Salben oder auch im trocknen Pulver als ein adstringirendes und trocknendes Mittel in feuchtenden Geschwüren, Hautausschlägen, wunden Hautstellen und feuchten Augenentzündungen äusserlich angewendet. Ihr innerer Gebrauch (wo sie zuweilen Schweiß, Erbrechen und Abführen erregen) hat häufig Krämpfe mancherlei Art, selbst Keuchhusten, Fallsucht (vorzüglich von Schreck), Veitstanz, und mehrere Zufälle von allzu großer Beweglichkeit der Faser mit Schwäche gehoben; wiewohl die oft vergebliche Anwendung derselben in ähnlich scheinenden Uebeln immer noch zu erkennen giebt, daß man die genauen Fälle, wo sie halfen, nicht sorgfältig unterschied. Vielleicht ist auch Säure im Wagen eine der Bedingungen ihrer Wirksamkeit.

An den beiden Zinkkalken, der Zinkasche und den Zinkblumen, könnte die Arzneikunde völlig genug haben, und sie bedürfte nicht noch drei andrer, die sich blos durch das Alterthum ihres Gebrauchs und durch Unreinigkeit auszeichnen, ich meine den in den Essen der Messingarbeiter sich ansetzenden, in halbzylinderförmigen Stücken vorkommenden grauen Zinkkalk (zinkischer Ofenbruch, Tutie, Tutia, alexandrina; Cadmia, fornacum, botryres; Nihil griseum), ferner das weiße Nichts (Nihilum [480] album, Nil. Pompholyx) einen lockeren, vollkommenen, an den höchsten und entferntesten Orten in Zinkerzrösten und Messingöfen angeflogenen Zinkkalk, oft mit Gyps und Kreide verfälscht, und endlich den gegrabnen, steinharten, doch nicht mit Stahl Feuer schlagenden, gilblichen, gelben oder bräunlichen Galmei (lapis calaminaris, Cadmia nativa) einen mit Eisenkalk, Thonerde und Kieselerde vermengten Zinkkalk, in welchem aber des leztern Verhältniß äusserst schwankend ist von 84 Prozent bis zu vier und fünf Prozent herab. Alle diese drei Kalke hat man fein gepülvert in Pflastern, Salben und Augenwassern als trocknende, entzündungswidrige und adstringirende Mittel angewendet; den Galmei auch, verwegenerweise, innerlich.

Die Rammelsberger zinkhaltigen Blei- und Silbererze laugt man noch der ersten Röstung aus, siedet das Helle der Lauge in bleiernen Pfannen gar, (bis das Salz darin in seinem eignen Krystallisationswasser zergangen ist) rührt sie dann in hölzernen Trögen bis sie fast kalt und das Salz darin locker und weiß geworden ist, welches man in hölzerne Formen, wie die des Hutzuckers, schlägt, woraus die harten Brode des goslarischen weißen Vitriols (weißer Galitzenstein, Vitriolum album) entstehen. Da aber jene Erze eine Menge Metalle, unter andern auch Eisen, Kupfer und Blei enthalten, so findet sich auch, daß der weiße Vitriol ausser dem Zink noch einen Antheil dieser drei Metalle, wenigstens der beiden erstern, enthält.

Ob man nun gleich diesen unreinen Zinkvitriol zu mehrern Granen, ja selbst bis zum Quentchen innerlich als ein schnellwirkendes Brechmittel bei verschluckten schädlichen Substanzen (nicht fressender Art) oft hülfreich befunden hat, an welcher Wirkung das darin gegenwärtige Kupfer keinen geringen Antheil zu haben scheint, so sollte er doch, wenn man diesen Behuf und die äussere Anwendung desselben ausnimmt, zu dem übrigen innern Gebrauche nie in dieser unreinen Gestalt angewendet, sondern vorher stets gereinigt werde. Hiezu dient eine aus Zink gegossene, halbkugelrunde, inwendig blankgescheuerte Abdampfschale, worin man den in Wasser aufgelöseten weißen Vitriol so lange sieden läßt, bis ein schwefelleberlufthaltiges (nicht angesäuertes) Wasser (aus gleichen Theilen Weinstein und Kalkschwefelleber durch Schütteln mit 30 Theilen Wasser bereitet) keinen farbigen Niederschlag mehr, sondern einen blos weißen zeigt.

Weit langweiliger gelangt man zu dieser Reinigung, wenn man eine Auflösung von vier Unzen des käuflichen weißen Vitriols in neun Unzen destillirtem Wasser, filtrirt, in eine verstopfte gläserne Flasche füllt, ein halbes Quentchen feingefeilten Zink hinzuschüttet und die Mischung an einen mäsig warmen Ort einige Tage hinstellt, dann die mit einem dunkeln metallischen Ueberzuge inkrustirte Zinkfeile herausnimmt, und zum zweiten, auch[481] wohl zum dritten und vierten Mahle, kurz, so lange ein halbes Quentchen frische Zinkfeile zu der Auflösung bringt, bis die bei ähnlicher Digestion unverändert und blank bleibende Zinkfeile den völligen Niederschlag der fremden Metalle zu erkennen giebt.

Nur einer von diesen beiden, oder ein aus der Auflösung des metallischen Zinks in Vitriolsäure eigends bereiteter reiner Zinkvitriol (Vitriolum Zinci, Zincum vitriolatum, von Einigen auch Gilla Theophrasti genannt), ein herb zusammenziehend metallisch schmeckendes, weißes Salz in vierseitig säulenförmigen, zusammengedrückten Krystallen mit vierseitigen Endspitzen, welches an der Luft allmählich verwittert – darf zu innerlichem Gebrauche verwendet werden. In dieser reinen Gestalt in Wasser aufgelößt und tropfenweise eingegeben, hat er sich nach vielfältigen Erfahrungen als ein vortreffliches Mittel für alle die Fälle erwiesen, wo die Zinkblumen hülfreich befunden worden sind, selbst, wie man sagt, gegen weißen Fluß, rheumatische und gichtische Beschwerden, Geschwüre, u.s.w. äusserlich in 200 bis 400 Theilen Wasser aufgelößt in feuchten Augenentzündungen, in stärkerer Auflösung aber als blutstillendes Mittel in feuchten Geschwüren, Hautausschlägen, Mutterscheidenvorfällen, u.s.w. nur daß auch hier die Fälle der hülfreichen und unschädlichen Anwendungen nicht bestimmt genug unterschieden worden sind.

Löset man solchen reinen Zinkvitriol in zehn Theilen Wasser auf und tröpfelt eine Auflösung von Potaschlaugensalz so lange hinzu, als noch ein weißer Niederschlag zu Boden fällt, den man sorgfältig aussüßt und trocknet, so erhält man einen gefällten reinen Zinkkalk (Calx Zinci praecepitata), welcher nicht nur die arzneilichen Eigenschaften der Zinkblumen, sondern auch vor diesen noch den Vorzug größerer Reinheit besitzt.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 2. Abt., 2. Teil, Leipzig 1799, S. 478-482.
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