9.

Abschied des Reichstags zu Speyer

Anno 1570 auffgericht. (11. Dezember.)

[781] §. 154. Wiewol auch auff etlichen vorigen gehaltenen Reichs-Tägen bei schweren Poenen statuirt und gebotten worden, daß die Obrigkeiten bei[781] ihren Druckereyen, Buchführern und sonsten ernstliche Vorsehung thun sollen, damit keine Schmähbücher, Gemählde oder dergl. (dadurch nichts gutes, sondern nur Zanck, Aufruhr, Mißtrauen und Zertrennung alles friedlichen Wesens angestifft) offentlich oder heimlich gemacht, gedruckt, verkaufft, oder sonsten ausgehen: So kommen Wir doch in gewisse Erfahrung, daß solchem Unsrem und des Heil. Reichs Gebot an vielen Örtern nicht gelebt, sondern zugesehen werden will, daß hin und wieder allerley schamlose Schmehschrifften, Bücher, Karten und Gemählde gedruckt und gemahlet, ohne alles straffen, zuvorab auff den gemeinen Jahrmärkten, Messen und in anderen Versammlungen umbgetragen, feil gegeben, verkaufft und ausgebreitet, darunter dann auch niemand, es sei Obrigkeit, Herr oder Unterthan verschonet werde.

§. 155. Dieweil dann solche vermessene ungescheute Frechheit des lästerlichen Druckens, Mahlens und Schmähens, umb so viel mehr zu coerciren, und allenthalben abzustellen, haben Wir uns mit gemeinen Ständen und den Abgesandten dahin verglichen: Darauff setzen, ordnen und wollen Wir, daß hinfüro im gantzen Römischen Reich Buchdruckereien an keine andere Örter, denn in denen Städten, da Churfürsten und Fürsten ihr gewöhnliche Hoffhaltung haben, oder da Universitates studiorum gehalten, oder in ansehnlichen Reichstädten verstattet, aber sonsten alle Winkel-Druckereyen stracks abgeschafft werden sollen.

§. 156. Zum anderen soll auch kein Buchdrucker zugelassen werden, der nicht zuforderst von seiner Obrigkeit, da er häußlich sitzet, darzu redlich, ehrbar und aller Ding tuglich erkennt, auch daselbst sonderm leiblichen Eyd beladen, in seinem Trucken jetzigen und andren Reichsabschieden, sich gemäß zu verhalten. Zum dritten sollen einem jeden alle lasterliche schmähliche Bücher, Schrifften, Karten oder Gedicht in Truck zu geben oder zu trucken, durchaus bey hoher Straff, sowohl bey Verlust der Bücher und Truckereien verboten seyn. Zum vierten soll keiner etwas zu trucken Macht haben, das nicht zuvor von seiner Obrigkeit ersehen und also zu trucken ihme erlaubet wäre. Zum fünfften soll derselbe alsdann auch deß Dichters oder Authoris, gleichfalls seinen Namen und Zunamen, die Stadt und Jahrzahl darzu setzen.

§. 157. Da aber deren Ding eines oder mehr unterlassen, sollen nicht allein die getruckte Bücher, Schrifften oder Karten alsbald von der Obrigkeit confiscirt, sondern auch der Trucker, und bey weme die zu kauffen oder sonsten auszubreiten begriffen, an Gut oder sonsten nach Gestalt und vermog gemeiner Recht, unnachläßlich gestrafft werden.

§. 158. Mit gleichen Straffen und Ernst soll auch gegen denjenigen, so lästerlich schmähliche Gemählde machen, zu verkauffen, oder sonsten zu divulgiren umführen.

§. 159. Darum gebieten und wollen Wir, daß alle und jede Stände,[782] und Obrigkeiten, ob diesem Unsrem Gebott mit allem ernstlichen Fleiß halten, auch sonderlich ihre Truckereyen unverwarnter Ding visitiren, denn sie da in diesem jemand übersehen, colludiren oder keinen gebuhrenden Ernst und Straff gegen die Übertretter fürnehmen würden, sollen sie damit in Unsere schwere Ungnad gefallen seyn, und nach gestalten Dingen pro arbitrio von Uns gestrafft werden.


Quelle:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels bis in das siebzehnte Jahrhundert. Band 1, Leipzig: Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, 1886., S. 781-783.
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