Gewogen und – zu schwer befunden!

[88] Schon, wenn er durch die Tür hereinkommt, stoßen sich die bembergbestrumpften Grünschnäbel kichernd gegenseitig an, die Blicke des sportgestählten Tennisjünglings gleiten mitleidig an ihm herab, die Weiblichkeit des Ballsaals zittert vor seiner auffordernden Reverenz, der Omnibusschaffner hat kein Fleckchen mehr frei für ihn – den Dicken!

Schnaufend keucht er hinter der abfahrenden Elektrischen her, Kühlung wedelnde Taschentücher verkünden sein Zugegensein im verdunkelten Zuschauerraum, Tellergebirge und Schüsselklirren verraten von laut vernehmlicher Betriebsstoffeinnahme auch ohne Hinsehen ...

Willst du nicht dein eigenes Verkehrshindernis lebenslänglich bleiben, sieh in den Spiegel, stecke einen Groschen in den Automaten der Wage! Zwischen 65 und 80 Kilo – was darüber – ist vom Übel! Keine Frau, selbst die mit Blindheit heißester Liebe geschlagene, bekennt sich zum Embonpoint – ich versichere Sie!!

Also herunter mit dem Ballast, gepunktrollt, geturnt, das Taxi gespart, den Diskus geschwungen, ein, zwei, ja drei Stunden dauergetanzt und Diät gehalten! Wir verlangen keine Aszese – Mönche sind in unserer Zeit nicht gefragt – aber eine praktische, zweckmäßige Kost.

Von »Hallo, dein Gewicht« bis zu den Geheimnissen der persischen Mazdaznanjünger, vom Vegetariertum zum Rohkostanbeter – alle Wege führen für den Zielbewußten zur Siebzig-Zentimeter-Taille!

Vitamine herbei – so lautet das verwandelte Sprüchlein des Zauberers Almansor. Gemüse und Salate, Kerngerichte und Fruchtspeisen vollführen ein leckeres Ringelspiel, Acht und Bann über Fett und Fleisch, Kaffee und Tee statt Kakao und Milch, und unversehens schwinden die Pfunde dahin auf Nimmerwiedersehen – Göttin Fortuna hat dich mit Anmut und Kerzenschlankheit gesegnet! ...


Gewogen und - zu schwer befunden!

Quelle:
Reznicek, Paula von / Reznicek, Burghard von: Der vollendete Adam. Stuttgart 1928, S. 88-90.
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