Vom grün-violetten Affen zum Knickebein!

[78] Man hätte ebensogut sagen können: »Vom rettenden Strohhalm zur Kognakkirsche«, dann wäret ihr aber gar nicht mehr neugierig gewesen und hättet achselzuckend vor euch hingemurmelt: Genug des flüssigen Geistes, wir wollen anderes hören!


Vom grün-violetten Affen zum Knickebein!

Dabei vergeßt ihr aber, daß die Variationen um das Thema »flüssiger Geist« unerschöpflich und von ungeahntem Effekt sind.

Im Vordergrund der drink! Er hat es hinter den Ohren sitzen, in seinem raffinierten Aussehen und seiner zündenden Gewalt. Er gleicht einer Geliebten, die noch mehr zu halten imstande ist, als zu versprechen! Und wer gäbe nicht sein Letztes für eine solche?

Ihr sollt sie alle wenigstens in der Gestalt des Alkohols um euch haben und, im Gegensatz zu der leiblichen, sie jederzeit nach Munsch hervorzugaukeln imstande sein. Mit wenigen Worten will ich euch die Zauberformeln für besonders Begehrenswerte vor Augen führen:


Cocktail der weisen Frau: Der Rand eines Cocktailglases wird in Wasser getaucht und darauf in eine Schale Staubzucker, damit er ein verführerisches Äußere bekommt. Im Schüttelbecher werden mit fein zerhacktem Eis vier Tropfen Angosturabitter, vier Tropfen Pomeranzen oder Curaçaolikör mit einigen Tropfen Gum oder aufgelöstem Zucker vermischt. Hierzu ein halbes Weinglas Whisky. Das Ganze wird tüchtig geschüttelt und durch ein Sieb in ein spitzes Cocktailglas gegossen, während man ein paar Spritzerchen aus einer Mandarinen- oder Zitronenschale in das zu servierende Getränk drückt!


Der Kuß des schwarzen Mannes (Cocktail): Vorbereitung wie oben. In den präparierten Schüttelbecher drei Tropfen Angostura, ein Teelöffel Kognak, ein Likörglas Cointreau, ein Likörglas Gin, ein Likörglas Wermut, alles mit Eis geschüttelt und mit einer Kirsche im Glas angerichtet.


[78] Kulleraugenflip: In den »Shaker« außer dem sein gehackten Eis: ein Teelöffel Streuzucker, ein Eigelb, vier Tropfen Angostura, ein Likörglas Kognak, ein Likörglas Rotwein – lange stark geschüttelt. In hohe Gläser gefüllt, Sekt nachgefüllt, mit Muskatnußstaub bestreuen und samt Strohhalm anbieten.


Rekord-Cobbler: In den Mixbecher (wie oben): ein Madeiraglas voll Weißwein, zwei Bordeauxgläser voll Kognak mit Selterwasser, ein Likörglas Curaçao, ein Likörglas Gin, einen gehäuften Löffel Streuzucker. Mit dem Eis in ein großes Limonadenglas füllen – mit Früchtchen garnieren.


Max und Moritz: Ein breites Likörglas Kognak mit Cointreautropfen – eine dünn geschnittene Scheibe Zitrone darübergelegt, diese mit Puderzucker bestäubt. Man nimmt die Scheibe auf die Zunge, und während man Max hinunterspült, kaut man Moritz durch und spuckt ihn – möglichst nicht auf die Erde.


Der grün-violette Affe (Pousse-Café): Die Liköre sind so geschickt einzugießen, daß sie sich zunächst nicht miteinander vermischen. Das Likörglas muß möglichst breit in der Form sein. Man nehme: einen Schuß Pfefferminz, einen Schuß weißen Curaçao, einen Schuß Rosenlikör oder Grenadine, einen Schuß Kognak und drei Tropfen Angostura. Nachdem man sich an dem regenbogenfarbenen Bild erfreut hat, mischt man mit dem Strohhalm das Getränk und schlürft es bedächtig hinunter.


Die Prärieauster: Wenn man wieder nüchtern zu werden oder sonst einer körperlichen oder auch geistigen Katastrophe zu entgehen wünscht, mixe man sich – todesmutig – dieses bestrenommierte Getränk folgendermaßen: In ein großes Likörglas einen vollen Teelöffel englischer Soße, Pfeffer, Salz, ein Eigelb, Kognak und Paprika. Ohne mit der Wimper zu zucken, gieße man alles ruck-zuck in die Kehle.


Knickebein: Ist harmloser in seiner Art und auch den sammetweichen Zungen des schwächeren Geschlechtes vorbehalten. Auf weißen Curaçao kommt ein Schuß Brandy, ein Eigelb, ein Rosenlikör und zehn Tropfen Kognak. Prosit!

Am Ende dieses Kapitels habe ich nur einen einzigen Wunsch, und der gipfelt in dem Verlangen, den Befolger dieser Rezepte nach Inanspruchnahme des »Tiefseeforschers«, der »Drillinge«, des »Feuerreiters«, des »Seemannslos«, »Fixsterns« und des »Leck-mich-ab«, des »grün-violetten Affen«, der »Prärieauster« und des »Knickebeins« über seine Ansicht von mixed-drinks zu interviewen – vielleicht wird dann Antwort zur Geburt neuer Modeelixiere![79]

Quelle:
Reznicek, Paula von / Reznicek, Burghard von: Der vollendete Adam. Stuttgart 1928, S. 78-80.
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