Aufenthalt in Großen-Munzel bei Hannover

[103] Ich ließ mir es angelegen sein, die Zufriedenheit, welche mir mein Herr bewies, zu verdienen, und hatte Ursach, sein Benehmen gegen mich zu rühmen, obgleich seine allzugroße Vertraulichkeit gegen mich mich einen unangenehmen Ausgang befürchten ließ.

Mein Herr war nun Offizier, und es dauerte nicht lange, so fing er an, mir zu bemerken, daß ich an Livree und Gage einen bedeutenden Vorzug vor andern Offizierbedienten hätte, welche sich ganz militärisch müßten behandeln lassen. In der Tat machte ich an andern die abschreckende Erfahrung, daß sie wegen des mindesten Widerspruchs gegen ihre bramarbasierende Herren in den Sprenkel geschlossen oder noch empfindlicher bestraft wurden, und suchte mich anfangs, so sehr ich konnte, in die sonderbaren Offizierlaunen meines Herrn zu fügen, da er mir sonst noch manchen Willen ließ und sogar Musikstunden für mich bezahlte; als er es aber nicht dabei bewenden ließ, manchmal ohne alle Ursach meine Arbeiten zu tadeln und mich, anstatt seinen Christoph, seinen Kerl zu nennen, sondern mich[103] gar mit groben Mißhandlungen zu bedrohen anfing, da merkt ich, daß unser Beieinandersein nicht mehr von langer Dauer sein würde.

Quelle:
Sachse, Johann Christoph: Der deutsche Gil Blas oder Leben, Wanderungen und Schicksale Johann Christoph Sachses, eines Thüringers. Von ihm selbst verfasst, Berlin 1977, S. 103-104.
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Der deutsche Gil Blas oder Leben, Wanderungen und Schicksale Johann Christoph Sachses, eines Thüringers
Der deutsche Gil Blas. Eingeführt von Goethe. Oder Leben, Wanderungen und Schicksale Johann Christoph Sachses, eines Thüringers