Engagement.

[169] Man gehe auf die zu wählende Dame zu, bleibe zirka 2 Schritte vor derselben stehen und mache eine Verbeugung, wobei man gleichzeitig seinen Wunsch durch passende Worte äußern kann, sei aber nicht schüchtern und blöde dabei. Wenn man spricht, so spreche man deutlich, sei aber auch nicht zu frei, sondern hatte hübsch die Mitte zwischen Schüchternheit und Dreistigkeit.

Die Dame gebe durch Erheben vom Sitze zu erkennen, daß sie geneigt ist, mit dem Herrn zu tanzen. Das Erheben erfolge aber nicht zu schnell, so daß es nicht aussieht, als wollte sie dem Herrn entgegengehen und habe nur auf sein Engagement gewartet, aber auch nicht zu langsam, daß sie nicht den Verdacht erwecke, der betreffende Herr komme ungelegen und sie tanze nur artigkeitshalber mit ihm.

Als feststehende Regel beobachte man, daß die Dame, sobald sie engagiert wird, den Tanz auch mit dem betreffenden Herrn tanzen muß, und es ist eine große Beleidigung, wenn sie einem Herrn den Tanz abschlägt und mit einem anderen tanzt. Will sie mit einem Herrn, der sie zum Tanz auffordert, aus irgend einem Grunde nicht tanzen, so darf sie überhaupt an diesem Tanze nicht teilnehmen. Alleinige Ausnahme macht eine vorherige Engagierung, die allerdings, wie vorhin schon ausgesprochen, nicht vorkommen sollte.[169]

Wird eine Dame von zwei Herren, gleichzeitig gebeten, so wählt sie den Vornehmeren, sonst aber denjenigen, den sie zuerst bemerkte. Der jüngere Herr sollte den älteren, der geringere dem vornehmeren den Tanz abtreten.

Nimmt eine Dame das Engagement nicht an, so erhebe sie sich vom Sitz und gebe dem Herrn in freundlicher Weise unter Versicherung ihres Bedauerns den Grund an, weshalb sie den Tanz abschlägt. Der Herr gebe aber auch nicht etwa seinem Unwillen durch Mienen und Geberden Ausdruck, sondern entferne sich mit einer freundlichen Verbeugung.

Nimmt die Dame die Aufforderung an, so stehe sie auf, um durch Verbeugung ihre Einwilligung kund zu tun. Der Herr darf die Dame hierbei nicht unterbrechen. Hiernach bietet der Herr, indem er sich gegen die Dame verbeugt, dieser seinen rechten Arm, was mit Worten ausgedrückt sagen würde: »Bitte höflichst, mir ihren Arm zu reichen«? Die Dame legt dann ihren linken Arm in den rechten des Herrn. Hierbei verbeugt sich die Dame gegen den Herrn zum Dank für den ihr gebotenen Arm. Beide begeben sich nun in gemessenen Schritten in die Reihe der tanzenden Paare.

Kinder reichen sich nicht den Arm sondern führen sich an der Hand.

Bevor man nun anfängt zu tanzen, verneigt sich der Herr gegen die Dame, was mit Worten ausdrücken würde: »Erlauben sie mir, sie zu umfassen«. Die Dame gibt durch Neigung des Hauptes hierzu ihre Zustimmung. Jetzt umfaßt der Herr die Dame, aber nicht zu weit um die Taille herum, wodurch sein Oberkörper, besonders wenn die Dame bedeutend kleiner ist, eine rechtsschiefe Richtung erhalten würde. Die Mitte seiner flachen Hand, deren Finger geschlossen sein müssen, liegt bei richtiger Stellung in der Mitte des Kreuzes der Dame. Ist diese sehr viel kleiner, so legt der Herr seine Hand mehr an die Seite, kann wohl etwas höher fassen, tiefer aber auch selbst dann nicht, wenn die Dame größer ist. Der Herr stehe nicht zu weit von der Dame ab, noch dieser zu nahe, sondern es soll eine handbreit Raum zwischen beiden Körpern vorhanden sein.[170]

Der Herr erfaßt mit seiner linken die rechte Hand der Dame, sodaß seine 4 Finger nach innen, der Daumen auf den Rücken der Hand zu liegen kommt. Unpassend ist es, wenn man nur die Fingerspitzen oder das Handgelenk der Dame erfaßt, oder der Daumen in die innere Hand der Dame gelegt wird; auch das Ineinanderlegen der Hände mit gespreizten Fingern ist unstatthaft und unschön. Beide Arme müssen leicht gekrümmt nach unten gehalten werden.

Die Dame hat während dessen ihre linke flache Hand mit geschlossenen Fingern auf die rechte Schulter des Herrn gelegt. Dabei werden Hand und Arm nicht ausgestreckt, sondern mehr gerundet gehalten.

Ist der Herr zu groß, so legt die Dame Hand und Arm auf den Oberarm des Herrn. Wird die Hand der Dame aber ganz in das Ellenbogengelenk des Herrn gelegt, so wird die Haltung der Dame eine unfeine und unschöne, da durch die falsche Armlage der ganze Körper eine andere Richtung und Stellung einnimmt.

Man findet zuweilen, daß Herren den Kopf vornüber senken, Damen denselben nach hintenüber fallen lassen, oder aber gar über die Schulter des Herrn beugen, auch kommt der Kopf beider Tanzenden manchmal in eine rechts- oder linksschiefe Richtung; alles dieses ist unschön.

Der Kopf soll gerade und ungezwungen gehalten werden.

Wenn nun beide Personen sich genau gerade gegenüber stehen und den Kopf ebenso gerade halten, so würden beide einander entgegenatmen, was im höchsten Grade unangenehm wäre, drehen sie nun aber den Kopf voneinander, so sieht dieses beiderseitige Abwenden sehr unschön aus. Wenn also von vornherein eine Stellung des ganzen Körpers, nicht des Kopfes allein, etwas nach der Seite zu eingenommen ist, so daß man sich gegenseitig über die Schulter sieht, so ist dem soeben geschilderten Übelstande auf eine passende Weise abgeholfen.


Quelle:
Samsreither, J. V. & Sohn: Der Wohlanstand. Altona-Hamburg 2[1900], S. 169-171.
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