Gartenkonzerte.

[139] Wenngleich man auch beim Anhören derselben Bier zu trinken pflegt, so sind unsere größtenteils gut besetzten Gartenkonzerte doch keine Bierfiedeleien. Demgemäß sollten allzulaute Unterhaltungen, das Mitsingen bekannter Melodien usw. unterbleiben, und wenn auch das Programm derartig[139] zusammengesetzt ist, daß es einen kleinen Stoß vertragen kann, so soll man diesen Umstand doch nicht mißbrauchen.

In öffentlichen Lokalen glauben überhaupt manche, so ganz den Ausgelassenen herauskehren zu dürfen. Auch im Wirtshause befinden wir uns in einer Gesellschaft, wenn auch in einer öffentlichen.

Häufig genug kann man es beobachten, daß an solchem Orte die jungen Leute sich verkehrt herum auf den Stuhl setzen, Zigarrenasche absichtlich auf den Fußboden statt in den Aschbecher werfen, Streichhölzer an der Tapete anstreichen, mit dem Kellner sich unerlaubte Scherze gestatten. Dort, wo sich diese jungen Herren unbeachtet glauben, geben sie sich, wie sie sind, und man kann eine Charakteristik über einen Menschen besser geben, wenn man weiß, wie er sich im Bierlokal und in der Gesellschaft benimmt. Man gebe sich niemals den sogenannten »Jugendeseleien« hin, selbst am Biertische nicht.


Quelle:
Samsreither, J. V. & Sohn: Der Wohlanstand. Altona-Hamburg 2[1900], S. 139-140.
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