Die Visitenkarte.

[114] Die Visitenkarte, sei von feinem weißen Karton in gutem Buchdruck oder feiner Lithographie recht sauber angefertigt, das Format sei für Herren etwas größer als für Damen, darf aber bei ersteren nicht die Größe einer Spielkarte erreichen.

Auf der Karte selbst ist der Vor- und Zunahme des Betreffenden anzugeben, nicht »H. Meyer«, sondern »Heinrich Meyer«. Man kann auch wohl die Bezeichnung der Erwerbstätigkeit und Titel, wenn diesen von dem Publikum Bedeutung beigelegt wird, hinzufügen, also »Heinrich Meyer, Ingenieur«;[114] eine Hinzufügung des Wohnortes mit Adresse würde der Karte den Charakter einer Visitenkarte nehmen.

Ein Wappen auf der Karte anzubringen, ist nur adeligen Familien gestattet.

Man verwendet die Visitenkarte um einem Besuchten gemeldet zu werden. – In diesem Falle schreibt man nichts auf dieselbe. Trifft man aber die betreffende Person nicht an, so schreibt man wohl ein »pour faire visite« (um Besuch zu machen), oder abgekürzt: »p.f.v.« auf die Karte. Manche biegen auch eine Ecke um:


»Und in der Kart' ein Eselsohr,

Bedeutet: Ich sprach selber vor!«


Am besten aber ist es, die Karte, so wie sie eben ist, abzugeben.

Vertritt die Karte die Stelle eines Abschiedsbesuchs, so schreibt man wohl: »pour prendre conger« (um Abschied zu nehmen), oder: »p.p.c.«; besser ist jedoch: »Herzliches Lebewohl!«

Schickt man die Karte an Stelle des Beileidsbesuches, so schreibt man: »pour condoler« (um Beileid auszudrücken), oder »p.c.«, »Herzliches Beileid!« zu schreiben, ist empfehlenswerter.

An Stelle des Gratulationsbesuches sendet man eine Karte mit der Aufschrift: »pour feliciter« (um Glück zu wünschen), »p.f.«, »Herzlichsten Glückwunsch«.

Bei Todesfällen verwenden die Familienmitglieder Visitenkarten mit schwarzem Rande.

Verlobungskarten tragen oben den Namen der Braut, unten den des Bräutigams. Sind beide in demselben Orte beheimatet, so setzt man entweder keinen Ortsnamen oder Ort und Datum unter den Namen. Im andern Falle steht der Wohnort der Braut links, der des Bräutigams rechts.

Diese Karte kann man als Verlobungsanzeige versenden. Bei Besuchen jedoch darf die Karte nur beide Namen enthalten. Besser ist die Versendung von gesonderten Karten, bei denen die größere Karte des Bräutigams, mit der kleineren Karte der Braut durch ein Atlasband verbunden ist.[115]

Die Karte eines Ehepaares laute entweder:


Heinrich Meyer und Frau


oder


Heinrich Meyer und Frau,

geborene Müller


oder


Heinrich Meyer

Louise Meyer, geborene Müller.


Diese Karten kann man nur zu Besuchen unmittelbar nach der Hochzeit verwenden, während die Karte »Heinrich Meyer und Frau« immer gebraucht werden kann.

Eine verheiratete Dame setzt auf ihre Karte entweder den Vor- und Zunamen ihres Mannes mit der Bezeichnung »Frau Heinrich Meyer« oder aber ihren Vornamen mit dem Zunamen ihres Mannes: »Frau Louise Meyer«.

Quelle:
Samsreither, J. V. & Sohn: Der Wohlanstand. Altona-Hamburg 2[1900], S. 114-116.
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