Trauer.

[163] Auch für die Trauer zum Andenken an einen Verstorbenen bestehen gewisse Vorschriften, die bei Hof sogar Gesetz sind. Im allgemeinen bleibt es jedem einzelnen überlassen, ob und in welcher Ausdehnung er diese Vorschriften zur Ausführung bringen will. Die Trauer ist eine Herzenssache und hängt vom Gefühl der betreffenden Person, sowie von den Verhältnissen ab, in dem man zu dem Verstorbenen gestanden hat. Es gilt als unstatthaft, daß man in tiefer Trauerkleidung an Konzerten, Theateraufführungen oder gar an Lustbarkeiten, als Bällen, Hochzeiten usw. teilnimmt.

Bei tiefer Trauer besteht die Kleidung sowie auch die Handschuhe für beide Geschlechter aus nur schwarzen Stoffen. Die Damen tragen dann keinen Schmuck oder diesen auch schwarz. Während der tiefen Trauer tragen die Herren um den Hut sowie um den linken Oberarm eine schwarze Binde aus Krepp. Bei der Halbtrauer trägt man keinen Flor um den Arm. Als Zeichen der Halbtrauer gilt die graue, weiße und lila Farbe.

In Deutschland zeigen in Kleidung die Trauer an:

Der Mann für seine Frau 1/2 Jahr tiefe Trauer. Die Frau für ihren Mann 1/2 Jahr tiefe Trauer, 1/2 Jahr Halbtrauer. Die Kinder für Vater oder Mutter 1/2 Jahr tiefe[163] Trauer, 1/2 Jahr Halbtrauer. Für Bruder oder Schwester 1/2 Jahr tiefe Trauer. Für Großeltern 1/4 Jahr tiefe Trauer, 1/4 Jahr Halbtrauer. Für Tante oder Onkel, Cousine, Vetter 1/4 Jahr Trauer. Die Eltern für erwachsene Kinder 1/4 Jahr tiefe Trauer. Für kleinere Kinder legt man keine besondere Trauerkleidung an.

Quelle:
Samsreither, J. V. & Sohn: Der Wohlanstand. Altona-Hamburg 2[1900], S. 163-164.
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