Taufe.

[132] Wieviel Zeit zwischen der Geburt und dem Taufakte vergehen darf, läßt sich durch keine Regel bestimmen, darüber entscheidet der Gebrauch. Aus religiösen Gründen wäre es freilich angezeigt, die heilige Handlung nicht zu weit hinauszuschieben, wie denn dieselbe in vielen katholischen Ländern auch spätestens am dritten Lebenstage stattfindet. In diesem Falle wird ein größerer Taufschmaus natürlich unterbleiben. Man trägt den Paten ein einfaches Mahl auf, bei welchem der Hausvater oder eine ältere Anverwandte präsidiert.

In protestantischen Häusern, besonders in höheren Kreisen, pflegt man die Taufe vier bis sechs Wochen hinauszuschieben.

Die Wahl der Paten wird immer einiges Kopfzerbrechen verursachen, und die Eltern thuen gut, sich dieselben schon vorher genau[132] zu überlegen, um die betreffenden Aufforderungen möglichst bald nach der Geburt ergehen lassen zu können. Bei langem Zögern könnte dieser oder jener auf den fatalen Gedanken kommen, er sei ein Lückenbüßer.

Bei dem ersten und zweiten Kinde faßt der Betreffende die Einladung als besondere Ehre auf und spricht sich in seiner umgehenden Antwort auch dahin aus, bei dem siebenten und achten ist die Ehre nicht mehr so außerordentlich; aber die Höflichkeit muß möglichst dieselbe bleiben. Eine Patenstelle abzulehnen, wäre eine gar nicht gutzumachende Beleidigung.

Hat man die Absicht, einen größeren Taufschmaus zu geben, erfolgen auch die übrigen Einladungen schriftlich, nur muß man sich deutlich ausdrücken, wer als Pate und wer nur als »Eßgevatter« gemeint ist. Mißverständnisse wären für beide Teile gleich peinlich.

Die Anzahl der Paten ist durchaus verschieden und schwankt zwischen zwei und zehn; es kommen auch wohl zuweilen noch mehr vor. In vielen Gegenden ist es Sitte, nur eine Patin einzuladen, welche dann den Paten selbst wählt. Ist sie unverheiratet, so wird sie selbstverständlich hierbei ihre Eltern zu Rate ziehe, im anderen Falle ihren Mann; denn aus der gemeinsamen Gevatterschaft erwachsen ihr viele Beziehungspunkte zu dem Herrn Gevatter.

Ist ihr derselbe nicht persönlich bekannt, so muß die Taufmutter für eine Zusammenkunft am Tage vor der Festlichkeit Sorge tragen. Kennen sich die Gevattersleute aber bereits, so ist ein Besuch des Herrn im Hause der Dame unerläßlich. Holt der Pate die Patin in einem Wagen zur Kirche ab, so kann er sicher sein, ihr dadurch nicht zu mißfallen, selbst wenn dieser Brauch in ihrem Orte unbekannt sein sollte. Daß er sich im übrigen so ritterlich wie möglich gegen seine Partnerin zu betragen hat, bedarf keiner besonderen Erwähnung. Ist eine Haustaufe erwünscht, so muß zu derselben alles so recht feierlich hergerichtet werden. Ein Tisch vertritt die Stelle des Altars. Er wird zu diesem Zwecke mit einem seinen, weißen Damasttuche ganz überdeckt und dieses mit Zweigen von seinem Grün und weißen Blüten zierlich besteckt. Für die vordere Seite windet man ein Kreuz aus immergrünen Blättern und weißen Blumen und heftet es leicht in der Mitte fest. Oben um den Tisch kommt eine Guirlande und rechts und links vor demselben stellt man Blattpflanzen auf.

Die kirchlichen Geräte bringt der Küster und übernimmt auch ihre Anordnung; die Hausfrau sorgt höchstens für Lichte. Die Namen des Täuflings, sowie der Paten, werden auf einen Zettel geschrieben und dem Küster übergeben, welcher sie zu Händen des Geistlichen gelangen läßt. Im übrigen verläuft die Ceremonie wie in der Kirche.[133]

Die junge Mutter sitzt rechts am Altare; die Paten aber stellen sich im Halbkreise von demselben auf, und sobald der Geistliche da ist, wird das Taufkind von dem femme sage oder der Wärterin hereingebracht. Der Ortsgebrauch entscheidet, ob dasselbe während der Taufe von Hand zu Hand gehen soll. In diesem Falle muß derjenige Pate, den man am meisten zu ehren gedenkt, es bei dem eigentlichen Taufakte halten. Zum Schlusse der heiligen Handlung wird das Kind der Mutter gereicht, und der Geistliche spricht über beide den Segen. Dann erfolgt die Gratulation der Paten und anderen Geladenen an die Eltern.

Gewöhnlich geht es gleich nach der Feier zur Tafel, an welcher nur in kleinbürgerlichen Kreisen die weise Frau teilnimmt. Ob man den Geistlichen dazu bittet, darüber entscheidet mehr der Stand des Taufvaters und die Ortssitte als der gute Ton. Immerhin wird eine Einladung selten Anstoß erregen.

Die pekuniäre Entschädigung des Geistlichen geschieht am besten durch Übersendung einer den Vermögensverhältnissen des Taufvaters entsprechenden Summe im verschlossenen Couvert, unter Beifügung verbindlicher Dankesworte.

Nach dem Taufschmause hat man an die Bediensteten recht reichliche Trinkgelder zu spenden. Die femme sage erwartet die höchsten Sätze und zwar besonders von den Paten; doch auch die Wärterin und das übrige Dienstpersonal müssen bedacht werden.

Dem Kinde am Tauftage ein Geschenk zu machen, ist nur in wenigen Gegenden üblich; meist geschieht dieses am Jahrestage der Geburt oder auch erst bei Gelegenheit der Konfirmation. Man schenkt die verschiedenartigsten Dinge, am hübschesten aber ist es, etwas zu wählen, daß die Vergänglichkeit und den Wechsel möglichst lange überdauert. Der Pate muß das Geschenk persönlich überbringen und seine Geburts- bezw. Konfirmationsglückwünsche aussprechen.

Quelle:
Schramm, Hermine: Das richtige Benehmen. Berlin 201919, S. 132-134.
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