18.

[30] Der kleinliche Anstand ist derjenige, welcher ohne zu unterscheiden, gegen jedermann, er sei höhern oder niedern Standes gleiche Höflichkeitsbeugungen und Stellungen macht, überall den Ergebenen und sich Fügenden zeigt, durch ein beständiges Komplimentiren, durch ein stetes bemühtes und umständliches Zuvorkommen, den Ueberhöflichen und folglich den unangenehm Höflichen macht, der sich durch das Einstecken des Kopfs in die Schultern, und durch ein Hin-und Herwinden des Halses verlegen zeigt, daß er nicht genug Achtung, Ergebenheit und Ehrerbietung zeigen könne und sich verschiedene kleinliche Grimassen an gewöhnt hat, wodurch er seinen Anstand und seine gewöhnt hat, wodurch er seinen Anstand und seine Bildung recht zu erkennen zu geben glaubt; im Anhange wollen wir einiger solcher Grimassen Erwähnung thun.

Quelle:
Siede, Johann Christian: Versuch eines Leitfadens für Anstand, Solidität, Würde und männliche Schönheit. Dessau 1797, S. 30.
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