21.

[31] Am allerunleidlichsten macht sich der kriechende Anstand, den mancher für den feinen hält und in dessen Besitz er sich völlig gläubt. Unleidlich sind die Menschen, die immer mir der Nase sich bis auf die Erde bükken, deren Miene beständig freundlich grinzt und auf Befehle wartet, deren bükken nie gerade wird, die sich nur immer krümmen und winden, und sich in ihrem Nichts[31] zeigen, deren Ton immer so klein und sacht ist, die immer verlegen ihre Hände ringen, reiben und winden, und immer so thun, als ob sie sich gleichsam in ihrer eignen Haut nicht zurechtzufinden müßten.

Quelle:
Siede, Johann Christian: Versuch eines Leitfadens für Anstand, Solidität, Würde und männliche Schönheit. Dessau 1797, S. 31-32.
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